Antrag auf Klage gegen die EU-Kommission zur Tattoo-REACH

Antrag auf Klage gegen die EU-Kommission zur Tattoo-REACH

Frankreich, 19. August 2024 – bereits Ende April 2024 hatte der französische Tätowierer-Verband Syndicat National des Artistes Tatoueurs et des professionnels du tatouage S.N.A.T. gemeinsam mit seinem Vorsitzenden Cyril Auville (Tin-Tin) und ihrem vertretenden Rechtsanwalt Fabrice Di Vizio Antrag auf Klage gegen die EU-Kommission beim Gericht der Europäischen Union eingereicht.

Sie wenden sich damit gegen die Gültigkeit der Verordnung zur Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of Chemicals REACH (EU) 2020/2081 mit ihrem Anhang XVII der Tattoo-REACH (VO-Nr. 1907/2006), welche strenge Beschränkungen für die in Tätowierfarben und Permanent Make-up verwendete Stoffe vorsieht, die ihrer Meinung nach dem Beruf der Tätowierer schaden.

Seit dem 19. August ist der Antrag auf Klage nun im Amtsblatt der Europäischen Union unter dem Aktenzeichen C/2024/4971 als Rechtssache T-294/24 veröffentlicht und einsehbar.

Die drei Kläger machen im Fall des Tattoo-REACH Debakels drei wichtige Gründe geltend.

Diese lauten im Zitat:

Erster Klagegrund: Unterlassene Beurteilung der Auswirkungen auf die Gesundheit.

Die Kläger machen geltend, dass die Berichte, mit denen Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit der Tinten geäußert wurden, lediglich auf Näherungen und zweifelhaften Vermutungen beruhten und nur unbekannte Krebsrisiken erwähnten. Tatsächlich gibt es keine epidemiologischen Studien, auf denen diese Vermutungen basieren oder die einen weitreichenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen Tätowierungen und Krebs belegen. Darüber hinaus behaupten sie, dass es keine Studien gebe, die einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Tätowierungen und Hautkrebs belegen. Sie machen außerdem geltend, dass es keine wissenschaftlichen Studien gebe, die die Migration von Nanopartikeln, die im Tattoo fixiert bleiben, im Körper oder ihre kurz- oder mittelfristigen Auswirkungen charakterisieren.
Zweiter Klagegrund: Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Den Antragstellern zufolge wurde Tätowierern die Verwendung von 27 Pigmenten untersagt, wohingegen Gesundheitsfachkräfte, die dieselben Produkte verwenden, nicht unter dasselbe Verbot fallen.
Dritter Klagegrund: Verletzung der unternehmerischen Freiheit.
EUR-Lex: https://eur-lex.europa.eu/eli/C/2024/4971/oj

Das S.N.A.T. und Tin-Tin fordern zusammen mit ihrem Anwalt in erster Linie eine Entschädigung i.H.v. 30.000 Euro, da die Tätowierer nicht nur erhebliche Umsatzeinbußen aufgrund der Tattoo-REACH erlitten haben, sondern ihr Image zudem in Mitleidenschaft zieht.

Hinzukommt eine Forderung i.H.v. 10.000 Euro zum Ausgleich von Sachschäden, da ursprüngliche Materiallager geleert und nicht-REACH-konforme Tätowierfarben zur Entsorgung gingen.

Eine weitere Forderung i.H.v. 10.000 Euro gilt dem immateriellen Schaden, den die Tätowierer durch die Tattoo-REACH gegen Körper, Gesundheit und ihre Freiheit erlitten haben.

Darüber hinaus beantragen die Kläger, dass das Gericht entweder die Anwendbarkeit der Tattoo-REACH Verordnung mit der Begründung ausschließt, dass sie rechtswidrig ist, oder geeignete Maßnahmen zur Beseitigung ihrer Rechtswidrigkeit anordnet.

Sie fordern in dritter Linie und auf jeden Fall die Verurteilung der Europäische Kommission zur Übernahme der Prozesskosten in Höhe von 5.000 Euro.

Bereits seit 2023 arbeitet das S.N.A.T. sehr engagiert und gemeinsam mit seinem Netzwerk aus Branchen-Experten nebst Anwalt Di Vizio an einem Antragsentwurf an den Gerichtshof von der Europäischen Union.

Wer das nachlesen möchte, kann dies ausführlich auf der Webseite des S.N.A.T. hier:

https://syndicat-national-des-artistes-tatoueurs.assoconnect.com/articles/146497-pourquoi-les-tatoueurs-saisissent-la-justice-europeenne

Wer sich den derzeit rund 200 begleitenden Tätowierern innerhalb Europas mit einem Einzelentwurf dem Antrag anschließen möchte, kann dies für einen kleinen Betrag und ein bisschen Schreibkram auch jetzt noch tun, soweit wir wissen.

Dieser Tattoo-REACH Fall verdeutlicht nun jedenfalls – nachdem der politische Weg gemeinsam mit den sehr erfolgreichen Petitionen Tattoofarbenretten (D) und safethepigments (AT) innerhalb der EU als erste Stufen der Bemühungen -, dass der juristische Schritt als nächste Stufe unausweichlich ist.

Die Erfahrungen, die die Tattoo-Branche seit den vergangenen Jahren mit den Tattoo-REACH Reguliarien durchlebt, katalysiert die wachsenden Spannungen zwischen den Behörden und Branchenexperten. Währenddessen setzt die EU weiterhin strenge Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften durch. Diese können jedoch aus der Erfahrung heraus kaum oder so gut wie gar nicht eingehalten werden.

Der Verlauf und Ausgang des Tattoo-REACH Falls wird erhebliche Auswirkungen auf die Tattoo-Branche in ganz Europa haben. Möglicherweise sogar einen Präzedenzfall dafür schaffen, wie ähnliche Vorschriften in Zukunft angefochten und interpretiert werden könnten.

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