Vor allem junge Männer zählen zu denjenigen, die besonders häufig Tattoos tragen. Doch mit stetig wachsender Popularität wächst auch die Frage nach den Auswirkungen, die Tattoo-Pigmente auf den menschlichen Organismus haben. Beeinflussen Tattoos die Fruchtbarkeit? Eine aktuelle Studie (mal wieder) aus Dänemark ist genau dieser Frage nachgegangen und die Ergebnisse dürften viele überraschen. Ehm…, glücklich schätzen!
Warum werden Tattoos überhaupt mit Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht?
Die Sorge um die Fruchtbarkeit des Mannes in Verbindung mit Pigmenten ist nicht unbegründet. Wir erinnern uns an das Verbot von Pigment 15:3 im Zuge der Tattoo-REACH und dass man ihm nachsagte, es könne die Hoden-Gesundheit beeinflussen. Zum Glück mehrfach widerlegt.
Nun sind moderne Tätowierfarben hightech Dispersionen und bestehen aus komplexen Mischungen von an-/organischen Pigmenten, Lösungsmitteln, Bindemitteln und Additiven, wie Konservierungsmitteln und Co..
Darunter befinden sich teilweise auch Stoffe, die im Verdacht stehen, hormonverändernd wirken zu können. Aus früheren Untersuchungen weiß man, dass Pigmente nicht nur in der Haut bleiben, sondern teilweise auch in Lymphknoten und einigen anderen Köper-Innereien nachweisbar sind.
Was genau diese Substanzen langfristig im Körper anstellen, ist bislang nicht wirklich klar aber daran wird ja stetig geforscht.
Gerade die männliche Fruchtbarkeit gilt als sensibler Indikator für Umwelteinflüsse.
Spermaqualität, Hormonspiegel und die Größe der Hoden sind wichtige Marker, wenn es darum geht, die Fortpflanzungsfähigkeit zu beurteilen.
Die Frage liegt also nahe, ob bunte Haut durch ihre Tattoo-Inhaltsstoffe messbare Veränderungen bei Männern hervorrufen?
Die neue dänische Tattoo-Studie im Überblick
Mette Møller Dornfeldt aus der Abteilung für Arbeits- und Umweltmedizin, Universitätsklinikum Kopenhagen, Bispebjerg und Frederiksberg in Dänemark wollte es zusammen mit dem sechsköpfigen Forscherteam genau wissen.
Sie untersuchten über 1.000 junge Männer im Alter zwischen 18 und 21 Jahren, die im Rahmen der sogenannten Danish National Birth Cohort (DNBC) bereits in den Jahren 2017–2019 erfasst wurden.
Alle Teilnehmer gaben Blut- und Spermaproben ab und füllten nach dem Händewaschen einen Fragebogen zu ihren Lebensgewohnheiten aus.
Außerdem wurde dokumentiert, ob die Männer tätowiert waren, wie viele Tattoos sie hatten und ob die Tätowierungen schwarz oder bunt waren.
Von den dann insgesamt 1.045 Dänen hatten 174 mindestens ein Tattoo. Die Mehrheit trug schwarze Motive. Bunte Tätowierungen waren deutlich seltener. Mehr als die Hälfte der bunten Jungs hatte nur ein einzelnes Tattoo. Knapp ein Viertel von ihnen trug mehrere.
Anschließend verglichen die Forscherinnen und Forscher die Werte zwischen tätowierten und nicht tätowierten Teilnehmern.
Untersucht wurden dabei unter anderem die Anzahl und Beweglichkeit der Spermien, ihre Form, verschiedene Sexualhormone sowie das Volumen der Hoden, das die Teilnehmer allerdings selbst messen sollten. Sorry, Girls.
Wer die neue Studie (in Reproductive Toxicology 2025 übrigens als Fallbericht deklariert) aus Dänemark mal im Original nachlesen möchte, findet sie hier:
Dornfeldt MM, Dan Hull S, Nielsen C, Liljedahl ER, Ramlau-Hansen CH, Gaml-Sørensen A, Toft G, Bonde JP, Hougaard KS, Tøttenborg SS. Tattoo exposure and biomarkers of male fecundity: A cross-sectional study among young Danish males. Reprod Toxicol. 2025 Oct;137:109009.
DOI: 10.1016/j.reprotox.2025.109009. Epub 2025 Jul 23. PMID: 40712897.
Ein überraschend gutes Ergebnis: Keine negativen Effekte nachweisbar
Das Resultat fiel anders aus, als es viele erwartet und dem bösen Tattoo gerne angelastet hätten. Die Daten zeigen keinen klaren Zusammenhang zwischen Tattoos und einer verminderten Fruchtbarkeit.
Weder die Anzahl der Tattoos noch die Farbe der Pigmente spielten eine Rolle. Männer mit Tattoos hatten vergleichbare Spermawerte und Hormonspiegel wie Männer ohne Tattoos.
Ein Befund überraschte dann aber doch. Tätowierte Männer gaben im Durchschnitt ein etwas größeres Hodenvolumen an. Rund sechs Prozent mehr als ihre nicht tätowierten Altersgenossen.
Die Forscherinnen und Forscher betonen allerdings, dass dieses Ergebnis mit Vorsicht zu genießen sei. Da die Männer das Volumen selbst schätzten und angeben mussten, können Messfehler oder eine gewisse Selbstüberschätzung nicht ausgeschlossen werden.
Das wichtigste Fazit dieser Studie (wie wollen wir sie eigentlich nennen?) lautet daher
Tattoos sind nach aktuellem Stand nicht mit einer schlechteren Spermaqualität oder einem veränderten Hormonhaushalt verbunden.
Für junge Männer, die sich Gedanken über ihre Fruchtbarkeit machen, ist das zunächst eine beruhigende Nachricht.
Limitierungen der Tattoo-Fruchtbarkeits-Studie
Trotz der positiven Ergebnisse weist die dänische Studie natürlich auch Schwächen auf. So handelte es sich um eine sogenannte Querschnittstudie.
Das bedeutet, dass man lediglich eine Momentaufnahme untersucht, aber keine langfristige Entwicklung verfolgt.
Aussagen über die Folgen von Tattoos über viele Jahre hinweg lassen sich damit nicht treffen.
Hinzu kommt, dass die meisten Teilnehmer nur kleinere oder schwarze Tattoos hatten. Große, farbige Tattoo-Motive, die eine höhere Pigmentbelastung bedeuten, waren in der bunten Teilnehmer-Gruppe unterrepräsentiert.
Hier könnte es durchaus Unterschiede geben, die statistisch bisher nicht auffielen.
Ein weiterer Punkt ist zudem, dass die Hodenmaße von den dänischen Jungs selbst erhoben wurden. Medizinische Fachmessungen wären hier zuverlässiger als ein „kaputtes Maßband oder kleine Hände“.
Warum gerade die tätowierten Dänen größere Hoden haben sollen, dazu müsste man vielleicht auch mal einen Psychiater zu befragen.
Auch die genaue Zusammensetzung und Menge der verwendeten Tattoo Inks wurde nicht erfasst, sodass mögliche Unterschiede zwischen einzelnen Tätowierfarben-Inhaltsstoffen unberücksichtigt bleiben.
All das bedeutet, dass die Studie zwar eine wichtige Orientierung gibt aber sie liefert noch keine endgültigen Antworten.
Für klare Empfehlungen braucht es – wie immer an dieser Stelle – langfristige, detailliertere Untersuchungen.
Was bedeutet das nun für Männer mit Tattoos?
Die dänischen Ergebnisse dürfen zunächst beruhigen. Wer bereits tätowiert ist, muss nach aktuellem Stand keine Angst haben, dass seine eigene Fruchtbarkeit darunter leidet.
Weder die Anzahl der Spermien noch die Beweglichkeit oder die Hormone zeigten auffällige Unterschiede.
Das heißt allerdings nicht, dass Tätowierungen völlig frei von Risiken sind. Neben möglichen allergischen Reaktionen, Infektionen oder langfristigen Hautveränderungen bleibt die Frage nach der Wirkung bestimmter Tattoo-Pigmente und Inhaltsstoffe im Körper weiter geöffnet.
Vor allem bei großflächigen, bunten Tattoos sind die Daten bislang sehr begrenzt.
Für Männer, die einen Kinderwunsch haben und unsicher sind, ob bunte Haut sie daran hindern könnte, gilt: Eine Tätowierung allein macht nicht unfruchtbar!
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann vor einer geplanten Familiengründung gerne mal ein Spermiogramm beim Urologen oder Andrologen (der Gynäkologe für den Mann) durchführen lassen. So lässt sich die individuelle Situation zuverlässig klären.
Warum weitere Tattoo-Forschung so wichtig ist
Die Studie aus dem dänischen Bispebjerk Hospital ist ein wichtiger Schritt, weil sie erstmals in großem Stil untersucht hat, ob Tattoos die männliche Zeugungsfähigkeit beeinträchtigen können.
Doch sie zeigt auch, wie viele Fragen noch offen sind.
Künftige Studien sollten längerfristig angelegt sein, die Entwicklung über mehrere Jahre beobachten und genau dokumentieren, welche Pigmente in welcher Menge in den Körper eingebracht wurden. Und dazu gibt es ja bereits einige.
Darüber hinaus könnte man auch Marker für oxidativen Stress oder DNA-Schäden in den Spermien analysieren. Diese Parameter geben Hinweise auf feinere Belastungen, die in klassischen Fruchtbarkeitstests möglicherweise verborgen bleiben.
Auf die Auswirkungen von Laserbehandlungen zur Tattooentfernung hat in diesem Zusammenhang u.W.n. derweil übrigens noch niemand geschaut.
Fazit: Tattoos und Fruchtbarkeit.
Eine Entwarnung, aber offene Fragen. Für viele Männer dürfte die Nachricht eine Erleichterung sein. Tätowierungen haben in dieser Studie keinen nachweisbaren negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit gezeigt.
Weder Spermaqualität noch Hormonspiegel waren bei Tätowierten schlechter. Wer also ein Tattoo trägt, muss nicht automatisch um seine Zeugungsfähigkeit fürchten.
Gleichzeitig muss klar sein, dass sich wissenschaftliche Erkenntnisse weiterentwickeln. Was heute noch als unbedenklich wirkt, kann morgen in einem neuen Licht erscheinen.
Deshalb bleibt es wichtig, Forschung zu Tattoos und Pigmenten, ihren Inhaltsstoffen und möglichen Langzeitfolgen aufmerksam zu verfolgen.
Wer ein Tattoo plant, sollte sich weiterhin an professionelle Studios mit hohen Hygienestandards wenden und sich vorab gut informieren.
Die Studie aus Dänemark kann die Sorgen vor Unfruchtbarkeit (übrigens nur in Dänemark bei dänischen Männern im Alter von 18-21 Jahren und btw. VOR der Tattoo-REACH) zwar zerstreuen, ersetzt aber auch nicht den gesunden Menschenverstand im Umgang mit dauerhaften Eingriffen in den eigenen Körper.