Tätowierungen, Permanent Make-up und Pigmente stehen heute mehr denn je im Fokus. Nicht nur bei Konsumenten, sondern auch in der Forschung, Regulatorik und Medizin.
Getragen aus den unterschiedlichsten Gründen von Millionen Menschen auf der ganzen Welt, sind Tattoos längst Teil unserer Alltagskultur.
Und doch ist das Wissen über die Auswirkungen von Pigmenten auf unseren Körper und Gesundheit noch immer erstaunlich lückenhaft.
Während sich im letzten Jahrhundert viele wissenschaftliche Disziplinen rasant weiterentwickelt haben, blieb das Thema „tätowierte Haut“ lange ein Außenseiter.
Die Tätowierung – wenig erforscht, kaum reguliert und häufig belächelt
Tatsächlich war das Tattoo-Gewerbe über Jahrzehnte eher ein kultureller Underdog. Vor allen Dingen provokant, mitunter stigmatisiert, oft in Grauzonen agierend.
Die Wissenschaft sah kaum Anreiz, sich mit dieser nischenhaften Verzierungspraxis auseinanderzusetzen. Obwohl sie tief in die Körper und das Leben der Menschen eindringt.
Genau hier setzt schon seit 2013 die von Prof. Dr. Jørgen Serup in Kopenhagen (Dänemark) gemeinsam mit Tätowierern und Wissenschaftlern initialisierte European Society of Tattoo and Pigment Research (ESTPresearch) an.
Als weltweit einzigartige Gesellschaft ihrer Art bringt sie seither Expertinnen und Experten aus Dermatologie, Toxikologie, Chemie, Medizin und der Tattoo- sowie Kosmetikbranche zusammen.
Sie schafft Raum für fundierte Forschung, stetigen interdisziplinären Dialog auf Augenhöhe und wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse.
Immer mit dem Ziel vor Augen, Sicherheit und Qualität für die Tattoo-Branche und ihrer Kundschaft zu verbessern, die sich guten Gewissens tätowieren lassen oder kosmetische Pigmente tragen möchten.
Anfang Mai lädt die ESTP nun zum bereits 7. internationalen World Congress on Tattoo and Pigment Research (WCTP2025) nach Rom in Italien ein.
Dieser alle zwei Jahre wiederkehrende Kongress könnte in der aktuellen Zeit nicht wichtiger sein.
Denn jetzt ist einer dieser Momente, in dem sich zeigt, ob es der Tattoo-Branche gelingt, gemeinsam mit der Wissenschaft und Medizin neue Wege zu gehen.
Transparent, verantwortungsvoll und mit einem echten Interesse an der Gesundheit von Haut und Körper.
Wir sprechen dazu mit der Vorstandsvorsitzenden der ESTP Dr. Ines Schreiver über die besondere Relevanz, über die Herausforderungen und darüber, warum Tattoos nicht nur in die Haut, sondern auch endlich in den Fokus von Forschung, Politik und Gesellschaft gehören.
„Die Branche befindet sich schon seit längerer Zeit im Wandel: Neue gesetzliche Vorgaben, wachsende gesundheitliche Bedenken und technologische Entwicklungen stellen Tattoo und PMU Artists, Hersteller und auch Anwender vor große Herausforderungen.“
Dr. rer. nat. Ines Schreiver

Frau Dr. Schreiver, welche übergeordnete Rolle spielt die European Society of Tattoo and Pigment Research (ESTP) aktuell im europäischen und internationalen Kontext, gerade im Hinblick auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse und regulatorische Veränderungen rund um Tattoos und Pigmente?
Im Gegensatz zu der hohen Rate an Tätowierten ist die Forschung zu Tätowierungen und Permanent Make-up immer noch ein Nischenthema.
Um neue Forschende in dem Gebiet aufzuklären, und den schon in der ESTP verankerten Wissensschatz weiterzugeben, ist unsere Konferenz außerordentlich wichtig.
Der Austausch zwischen Forschenden, Anwendern und Herstellern ist notwendig, um die Komplexität in allen Bereichen zu verstehen. Nur so kann sinnvolle Forschung und Regulation entstehen.
Der bevorstehende WCTP2025 Kongress im Mai in Rom gilt als eine der wichtigsten Plattformen für den fachlichen Austausch zum Thema Tattoo-Gesundheit. Was macht diesen Kongress in diesem Jahr – angesichts der aktuellen Unsicherheiten und Herausforderungen in der Tattoo- und Kosmetikbranche – besonders relevant?
Aus Sicht der Forschung ist die Vermittlung, was bestimmte Ergebnisse für die Anwendung von Tattoo/PMU-Farben bedeuten, ein sehr sensibles Thema.
Gerade neue Studien über Krebsrisiken verunsichern viele. Selbst wenn die Autorinnen der Studien aus wissenschaftlicher Sicht die Ergebnisse ins Verhältnis setzen, wird dies in der Öffentlichkeit sehr verzerrt. Wohl auch weil der in der Wissenschaft essentielle Faktor der Unsicherheit oder Abwesenheit einer abschließenden Antwort für viele unbefriedigend ist.
Die ESTP und bei der Durchführung unserer zugehörigen WCTP-Kongresse sind wir immer um Aufklärung bemüht und hoffen, dass dies durch alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer multipliziert wird.
Welche wissenschaftlichen Highlights erwarten Sie persönlich auf dem diesjährigen WCTP2025? Insbesondere mit Blick auf neue Pigmentforschung, Lasertherapie oder Sicherheitsbewertungen?
In Ihrer Frage steckt quasi die „DNA“ unserer Kongresse. Der weitaus überwiegende Teil aller meiner Kooperation begann durch Kontakte auf dem WCTP.
Vom interdisziplinären Publikum profitieren alle. Ohne die Künstlerinnen und Künstler und Dermatologinnen und Dermatologen würden mir viele Aspekte rund ums Tätowieren fehlen.
Der Austausch führt daher zu einer höheren Qualität der Arbeit in allen Bereichen.
Was wünschen Sie sich als Vorstandsvorsitzende der ESTP von der Branche und den politischen Entscheidungsträgern, um die Forschung, Sicherheit und Innovationskraft im Bereich Tattoo und Pigmente auch langfristig zu sichern?
Auch wenn Tätowierungen – und insbesondere Permanent Make-up – in allen Teilen der Gesellschaft angekommen sind, spürt man dennoch manchmal negative Vorbehalte.
Als Wissenschaftlerin wünsche ich mir hier fachliche Neutralität und Verständnis der doch besonderen Umstände dieser Körperverzierungen.
Die Forschung in diesem Bereich sollte weiter finanziell gefördert werden und auch eine Offenheit bestehen, bei neuen Erkenntnissen regulatorisch nachzusteuern.
Über die European Society of Tattoo and Pigment Research
„Die Hauptziele der ESTP sind die Förderung neuer medizinischer, chemischer, physikalischer, toxikologischer, psychologischer, anthropologischer, sozialer und anderer akademischer Forschungsbereiche im Zusammenhang mit Tätowieren und Permanent Make-up.
Dies umfasst alle Aspekte der Pigmentforschung sowie neue technologische Entwicklungen bei der Herstellung von Tinten, Applikationsgeräten und Hilfsmitteln. Darüber hinaus engagieren wir uns sehr für den Wissensaustausch und die Weiterbildung der Tattoo- und Permanent-Make-up Community.“ (Zitat: ESTPresearch)
Als Mitglied seit Gründung der ESTP stehen wir Ihnen mit unserem Netzwerk bei Fragen rund um Tätowierungen oder Permanent Make-up gerne zur Verfügung oder vermitteln Ihnen Kontakte zu Experten der Gesellschaft.
Infos zum 7. World Congress on Tattoo and Pigment Research WCTP2025 in Rom finden auf https://wctp-research.org/
Haftungsausschluss: Ein Bildungsinstitut für Tätowierung und Piercing verwendet die Abkürzung ESTP zur Bezeichnung seiner europäischen Tätowier- und Pigmentschule. Die European Society of Tattoo and Pigment Research hat mit dieser Tätigkeit nichts zu tun.