Eine korrekte Hautfarben-Klassifikation war in der Dermatologie und Kosmetik, und weit darüber hinaus, lange eher ein Randthema. Genetische HautTYP-Klassifizierungen werden seit 1975 nach Dermatologen Fitzpatrick erst in IV und später in VI gleichnamige Kategorien unterteilt und bis heute von vielen so vorgenommen.
Unser digitales Neuland hat heute anhand von moderner künstlicher Intelligenz (KI) und maschinellem Lernen (ML) allerdings das Potenzial die Medizin, Kosmetik und Laser-Technologie beim Aufbau inklusiverer Computer-Vision (CV)-Systeme grundlegend zu verändern und vor allen Dingen adäquater zu gestalten.
Mit dem Projekt Skintone by Google wird ein neuer Standard angestrebt, um Hautfarben weltweit konsistenter, fairer und präziser zu erfassen.
Was zunächst nach einem Tool für KI-Bildsysteme klingt, wird zunehmend relevanter für klinische Anwendungen. Für uns steht es vor allen Dingen im Fokus bei der Laserbehandlung von Tätowierungen oder Permanent Make-up und den damit verbundenen Behandlungsprognosen und zu wählenden Laser-Parametern.
In unserem Beitrag geht es darum, wie eine zuverlässige Hautfarben-Analyse mittels digitaler Systeme und Monte-Carlo-Simulationen (MCS) die Sicherheit und Wirksamkeit von Laserbehandlungen verbessern und warum gerade bei der Tattooentfernung ein fehlerhafter HautTYP-Ansatz gesundheitliche Risiken bergen kann.
Was ist Skintone by Google?
Google stellte das Projekt 2023 im Rahmen seiner AI- und Research-Offensive vor, um eine neutrale, realitätsnahe und global faire Erfassung von Hauttönen zu ermöglichen.
Herzstück ist die sogenannte Monk-Skin-Tone (MST) Skala. Benannt nach dem Soziologen Dr. Ellis Monk, die 10 klar von ihm definierte Hauttöne umfasst, die von sehr hell (MST 01) bis sehr dunkel (MST 10) reichen.

Im Gegensatz zu früheren Systemen, wie der oben erwähnten Fitzpatrick-Skala (I-VI), die sich auf UV-Empfindlichkeit des genetischen HautTYPS stützt, basiert MST als HautFARBE-Skala (IST-Zustand) auf visueller Hautwahrnehmung und beinhaltet zugleich eine Diversitäts-Repräsentation.

Warum Dr. Monk nicht auf die Töne der 36 Hautfarbe-Kacheln vom Anfang des 20. Jahrhunderts der von-Luschan-Skala zum Farbvergleich zurückgreift, erschliesst sich uns noch nicht.
Die 10-tönige MST-Skala ist mittlerweile besonders nützlich für KI-Systeme, medizinische Datenbanken und dermatologische Analysen.
Wichtig: MST will nicht medizinische Klassifikationen ersetzen, sondern ein besseres Verständnis dafür schaffen, wie unterschiedlich Haut aussieht und wie Technik darauf reagieren sollte. Gerade bei Anwendungen, wie computergestützter Dermatoskopie oder Lasertherapie, die hierbei von hoher Relevanz sind.
Hauttyp ist nicht gleich Hautreaktion: Warum die Klassifikation kritisch ist
In der Tattooentfernung mit Lasern, insbesondere mit modernen Pikosekunden-Lasern (Nd:YAG oder Alexandrit), spielt die Hautfarbe in ihrem IST-Zustand eine zentrale Rolle – weniger der genetische Hauttyp. Die aktuell vorliegende Hautfarbe beeinflusst, wie Laserlicht unterschiedlicher Wellenlängen absorbiert, reflektiert oder in der Haut verteilt wird.
Eine dunklere Haut absorbiert generell mehr Energie, was zu einer erhöhten Hitzerückbildung und potenziellen Nebenwirkungen, wie Hyper- oder Hypopigmentierung führen kann.
Fehleinschätzungen bei der Hautfarbe und Falschauswahl von Laserparametern können zu
- Verbrennungen
- Blasenbildung
- Krustenbildung
- Pigmentstörungen
- oder verzögertem Heilungsverlauf und Narben, ff.
führen.
Die Herausforderung ist, dass selbst innerhalb ein- und desselben Fitzpatrick-Hauttyps die optische Hautfarbe erheblich variieren kann. Zum Beispiel durch unregelmäßige Melaninverteilung, Untertöne oder lokale Pigmentierungen.
Eine visuell differenziertere Skala, wie die MST, bietet hier eine ergänzende und umfangreichere Orientierung.
Die Rolle der Monte-Carlo-Simulationen bei der Laseranwendung
Ein besonders spannendes Bindeglied zwischen Hautfarbe-Analyse und Behandlungssicherheit ist die Monte-Carlo-Simulation (MCS) in der medizinischen Laser-Physik.
Sie beschreibt ein statistisches Verfahren zur Modellierung komplexer Lichtgewebe-Interaktionen, indem Millionen von Photonen-Bewegungen innerhalb einer simulierten Hautstruktur berechnet werden können.
Um das ein bisschen einfacher auszudrücken. Das größte Problem in der Laser-Physik liegt darin, die ausgewählte Energie des erzeugten Laser-Impulses in Gänze an die Stelle zu bringen, wo man sie braucht. Von ihrem langen Weg aus dem Laser-Gehäuse über den Spiegelgelenkarm bis in die Haut des Kunden und Patienten.
Jedes Hindernis auf diesem Weg, von der Optik über Kristall & Co., Spiegel, Staubkorn, Haar oder Melanin in der Haut raubt dabei Photonen oder lenkt sie z.B. durch Absorption, Reflexion und Refraktion in ungewollte Bahnen.
In der Lasertherapie, wie bei der Tattooentfernung aber auch weit darüber hinaus, hilft die MCS folgende Fragen präziser zu simulieren:
- Wie tief dringt der Laserimpuls bei einer bestimmten Hautfarbe ein?
- Welche Pigmentschichten werden erreicht?
- Wie stark wird das Licht gestreut, absorbiert oder reflektiert?
- Wie hoch ist die thermische Belastung in unterschiedlichen Hautschichten?
Je genauer die Parameter zu Hautfarbe, Dicke der Epidermis, Verteilung von Ziel-Chromophoren (z.B. Tattoo-Pigmente), desto zuverlässiger die Prognose für ein risikoarmes und optimales Behandlungsszenario.
Die Kombination von Tools, wie der Monk-Skin-Tone (MST) Skala mit MCS-Modellen und den zahlreichen Laserenergie-Parametern, könnten individuelle Hautantworten besser abbilden als generische Klassifikationen.
Tattooentfernung mittels Pico-Laser: Darum zählt auch die Hautfarbe!
Bei der Entfernung von Tattoos oder Permanent Make-up mit Pico-Lasern (Wellenlänge: 532 nm, 755 nm oder 1064 nm) gilt, nicht nur das Tattoo selbst, sondern auch das umgebende Hautgewebe bestimmt den Therapieerfolg.
In der Praxis bedeuten das:
- Helle Hauttypen (MST 01-03, entspr. Fitzpatrick I-II) reflektieren zwar mehr Laserlicht, absorbieren aber auch weniger Energie in der Epidermis. Das Tattoo-Pigment in der Dermis wird effizienter erreicht.
- Mittlere Hauttypen (MST 04-06, entspr. Fitzpatrick III-IV) erfordern oft eine verringerte Abgabe von Laserenergie, um die Melanienstruktur möglichst wenig zu schädigen oder gar eine alternative Laser-Wellenlänge. Risiko von Hyper- oder Hypopigmentierungen.
- Dunkle Hauttypen (MST 07-10, entspr. Fitzpatrick V-VI) weisen eine hohe Melanin-Konzentration auf, was eine höhere Absorption von Laserenergie zur Folge hat. Hier ist das Risiko für Nebenwirkungen, wie Postinflammatorische Hyperpigmentierung (PIH) deutlich erhöht.
Beispiel aus der Hautarztpraxis:
Ein Pikosekunden Alexandrit-Laser (755 nm) für zum Beispiel blaue und grüne Tattoo-Pigmente, kann bei dunkler Haut (MST 08-10) erhebliche Streuungs- und Absorptionseffekte im Melanin auslösen. Das führt häufig zu unpräziser Energieverteilung und Wärmeentwicklung an Stellen in der Haut, wo man sich nicht haben will noch braucht.
Dazu reagiert dunklere Haut empfindlicher auf thermische oder mechanische Reize bei der Laserbestrahlung und aktiviert eine verstärkte Melanin-Produktion bis hin zur Überproduktion, der postinflammatorischen Hyperpigmentierung (PIH).
Gerade bei der Verwendung aggressiverer Laserlicht-Wellenlängen, wie 532nm, 694nm oder der 755nm kann das Melanin bei der Tattoo- und PMU-Entfernung derart in Mitleidenschaft gezogen werden, dass ein Ghost-Tattoo (heller Schatten) im gelaserten Hautareal zurückbleibt.
Eine MST & MCS-gestützte Vorab-Analyse könnte dieses Risiko frühzeitig identifizieren und eindämmen.
Skintone by Google, Hautfarben-Analyse trifft Hautarzt-Praxis: Was wäre möglich?
In einer idealen Behandlungssituation würde das Hautbild einer Patientin oder eines Patienten zunächst visuell mithilfe einer Kamera, die auf die MST-basierte Skala kalibriert ist, erfasst. Diese Daten speisen sich in ein Modell, das eine individuelle Lichtausbreitungs-Simulation durch die Hautstruktur berechnet (mittels Monte-Carlo-Methode).
Ergebnis:
- eine patientenspezifische Empfehlung zur optimalen Wellenlänge,
- die passende Laser Pulsdauer und Fluence,
- Hinweise auf mögliche Risiken durch Streuung oder Absorption,
- und eine Bewertung der Wahrscheinlichkeit für Pigmentveränderungen.
Ein Software-Modul in Lasersystemen, das automatisch Hautbild-Daten einliest, MST-Analysen mitführt, Monte-Carlo-basierte Lichtausbreitungen simuliert und so eine fundierte, datengestützte Therapie-Empfehlung generiert, ist stückweit noch Zukunfts-Vision aber jenseits von unmöglich!
Spinnen wir diese Idee für unseren Bereich weiter, müsste dann auch irgendwann das Thema Pigmentologie rund um die Farbgebung der Tätowierung oder Permanent Make-up mit einfliessen.
Grenzen, Potenziale und ethische Aspekte
Natürlich hat jede Klassifikation, wie die Monk-Skin-Tone (MST) Skala, ihre Limits.
- Die visuelle Hautfarbe alleine sagt nichts über Reaktivität bei UV- oder thermischer Belastung aus.
- Lokale Pigmentierungen, Narben oder Schattierungen werden nur unvollständig erfasst.
- Auch psychologische Aspekte (z. B. die Sorge vor Pigmentverschiebung oder Farbumschlag bei Tattoos/ PMU) spielen in der Behandlungsplanung eine Rolle.
Aber der große Fortschritt liegt darin, überhaupt standardisierte, technikbasierte Verfahren in die dermatologische Routine einzuführen. Das Ziel ist es die Patienten- und Anwendersicherheit, Wirksamkeit und Behandlungserfolg zu erhöhen.
Fazit: Eine neue Ära der individualisierten Lasertherapie
Mit Tools wie Skintone by Google, der Monk-Skin-Tone (MST) Skala und der Anwendung von Monte-Carlo-Simulationen in der Laser-Medizin eröffnet sich ein neues und zukunftsorientiertes Kapitel.
Weg von alten standardisierten Erfahrungswerten mit Bauchgefühl, hin zu maßgeschneiderten, datenbasierten Behandlungsstrategien.
Für die Tattooentfernung bedeutet das konkret mehr Sicherheit durch differenzierte HautFARBEN-Erfassung, eine effizientere Behandlung durch adäquatere Parameter-Auswahl und weniger Nebenwirkungen, besonders bei pigmentreicher Haut.
Zudem könnten Prognosen zur Anzahl der Laserbehandlungs-Wiederholungen konkretisiert werden.
Der Trend zur stärker personalisierten, individuellerer Laser-Medizin ist nicht mehr aufzuhalten. Die Zukunft liegt derweil darin, Technologie, Analyse und klinische Erfahrung intelligent zu kombinieren.
Was ist Eure Meinung dazu? Schreibt uns gerne Euer Feedback!