Tätowierte Hautstellen erzeugen weniger Schweiß mit erhöhter Natrium-Konzentration

Tätowierte Hautstellen erzeugen weniger Schweiß mit erhöhter Natrium-Konzentration
Gesundheit Tätowierung

Eine interessante Studie der Abteilung für Integrative Physiologie und Gesundheitswissenschaft des Alma-Colleges, Alma, Michigan (USA) hat herausgefunden, dass tätowierte Haut einen geringeren Schweißfluss erzeugt, der eine höhere Natrium-Konzentration aufweist als an nicht-tätowierten Hautstellen.     

Es ist allgemein bekannt, dass gerade Sportler sich gerne in die vertrauensvollen Hände ihrer Haus- und Hof-Tätowierer und deren Nadelkunst begeben. Sie sollen die über jahrzehntelang geformten Körper verzieren. Da ist die Herleitung nicht besonders lang, dass Ph.D. Maurie Luetkemeier, Professor am Alma-College in Michigan, Fakultätsforscher für Sportgetränke, Thermoregulation, Schwitzen und Nierenphysiologie mit seinem Team der Schweißrate von tätowierter Haut auf den Grund geht.

Was bedeutet die tätowierte Verzierung für unsere Schutzschicht – die Haut?

Feine Tätowiernadeln öffnen und perforieren die äußere Hautschicht (Epidermis). Die hierbei mitgeführten Tattoo-Mittel werden auf ihrem Weg in die mittlere Hautschicht Dermis in eine Tiefe von ca. 3-5mm geliefern. Dort sollen die Tattoo-Pigmente abgelegt und vom Körper verkapselt werden, um nach Abheilung für uns sichtbar als Tattoo-Motiv zu erscheinen. Für den Körper sind diese Tattoo-Pigmente Fremdkörper, die dort seiner Meinung nach nicht hingehören. Die Abwehrzellen des Immunsystems sind vehement mit ihren Makrophagen und Neutrophilen beschäftigt. Zudem sich von diesen Fremdstoffen zu trennen und die künstlich durch den Tätowiervorgang erzeugte Entzündungsreaktion zu mindern.

Der Körper schafft es größten Teils aber nicht, da die Farbpartikel für den natürlichen Abtransport zu groß sind und baut die Tattoo-Mittel zwischen den Hautzellen ein. Für die „Schweiß-Studie“ muss man jetzt wissen, dass diese Tattoo-Pigmente in ähnlicher, wenn nicht gleicher Hauttiefe, wie unsere ekkrinen Schweißdrüsen stecken, die für den Wärmehaushalt unseres Körpers zuständig sind. (ggs.: apokrine Schweißdrüsen: Duft- oder Talgdrüsen an Haarfollikel gebunden). 

Tätowierte Haut erzeugt weniger Schweiß? 

Die Forschergruppe des Alma-Colleges hat sich 10 gesunde, männliche Probanden im Alter von 21 Jahren (+/- 1) gesucht. Alle waren mit einer mindesten 5,2cm großen Tätowierung auf einer Seite Ihres Körpers verziert.

Leider ist für uns aus den Angaben der Studie hierbei nicht ersichtlich, ob es sich um einfarbig/ schwarze Tätowierungen handelt oder auch bunte dabei sind. Unter Berücksichtigung unterschiedlicher Farben und damit u.a. verbundenen Pigmentgrößen, ist das nicht unbedingt irrelevant! 

Der Schweiß wurde bei den jeweiligen Probanden nun durch Iontophorese unter Verwendung von Agar-Gelscheiben stimuliert, die mit 0,5% Pilocarpinnitrat imprägniert waren. Ja, das klingt total kompliziert – ist es aber nicht! Damit die Probanden sich nicht abrackern mussten, hat man sie einer geringen elektrischen Ladung ausgesetzt. Zudem wurden an den tätowierten Hautstellen sogenannte Tygon-Schläuche (durchsichtiger PVC-Laborschlauch) in Spiral-Schnecken aufgewickelt und auf kreisrunde Scheiben angebracht. Durch eine erzeugte Kapillarwirkung wurde so der entstandene Schweiß aufgesammelt und die jeweilige Schweißmenge durch vorher/nachher wiegen der Schlauchschnecke bestimmt. Das natürliche Arzneimittel Pilocarpin auf der Schlauchschnecke diente dabei als eine Art Katalysator für die Schweißproduktion. Die Konzentrationshöhe des Natriumverlustes über die Schweißflussrate wurde mithilfe von Verdampfung und Spektralanalyse durch Flammenphotometrie festgestellt.

Ergebnis der Untersuchung zeigt: Tätowierte Haut beeinflusst die Schweißflussrate und deren Natrium-Konzentration

Die mittlere Schweißflussrate von tätowierten Hautstellen war signifikant geringer als die von nicht-tätowierter Haut (0,18 ± 0,15 vs 0,35 ± 0,25 mg · cm · min, P = 0,001). Alle 10 Probanden produzierten weniger Schweiß an tätowierten als an nicht-tätowierten Hautstellen (Effektgröße: -0.79). Die mittlere Schweiß-Natrium-Konzentration aus der tätowierten Hautstelle war signifikant höher als die von nicht-tätowieter Haut (69,1 ± 28,9 vs 42,6 ± 15,2 mmol, L = 0,02). 

Fazit :

Tätowierte Haut erzeugt weniger Schweiß und eine höhere Natrium-Konzentration als nicht-tätowierte Körperregionen (wenn sie durch Pilocarpin-Iontophorese stimuliert wurde).

Was uns dabei u.a. noch interessieren würde, ist, ob die Schweißflussrate sich schlussfolgernd an nicht-tätowierten Hautstellen der Probanden vergrößert/ verkleinert hat. Dies im Vergleich zu der ursprünglichen Schweißflussrate „vor der Tätowierung“ in gleicher Region. Wird die Schweiß-Menge eventuell an andere Körperregionen um- oder weitergeleitet?

Zudem fehlen uns, wie oben schon geschrieben, Angaben zu den Farbeigenschaften der Tattoo-Pigmente. Und natürlich die Herleitung, warum der Natriumgehalt des Schweißes so erhöht ist. Verengt zu viel Tattoo-Pigment in der Haut unsere Schweißdrüsen? Achsel-Tattoos sind gerade sehr angesagt – welche Auswirkungen hat das auf die Temperaturregulierung unseres Körpers? Tattoo als Behandlungsform der Hyperhidrose?

Hinzu kommt für uns natürlich eine Kernfrage. Regeneriert sich die Schweißflussrate, wenn der Proband sich einer Laser-Tattooentfernung seines Motivs unterzogen hat!!

Es muss sicherlich weiter geforscht werden. Aus unserer Sicht ist die Behauptung „Tattoo vermindert das Schwitzen“ kompletter Nonsens und sollte wissenschaftlich sicherlich konkreter belegt werden. Tattoo-Pigmente lagern sich entweder zwischen den Kollagenbündeln ab oder sammeln sich in den tieferen Schichten der Dermis (Lederhaut) um die Gefäße (intrazellulär). Zudem wurde durch die Marseille-Studie gezeigt, dass u.a. die Makrophagen selbst Tattoo-Pigmente in der Haut halten.

Wer sich mal einen genaueren Einblick verschaffen möchte, der kommt im Hochsommer zur Berliner Tattoo Convention in die Arena in Treptow und sucht nach nicht-schwitzenden Tätowierten…

…viel Glück!  

Quelle: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28240705