REACH steht für Registration, Evaluation, Authorisation and Restriction of CHemicals. (Dt.: Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe).
Es handelt sich bei der REACH um eine Verordnung der Europäischen Union. Grundsätzlich dürfte sie im Sinne jedes europäischen Bürgers oder sogar über europäische Grenzen hinaus attraktiv sein. Es geht schließlich um die Gesundheit und das Wohl eines Jeden. Egal ob Mensch, Tier oder Pflanze.
Die Idee dieser Verordnung dient dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt vor Risiken, die durch Chemikalien entstehen können, zu verbessern und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der chemischen Industrie in Europa zu erhöhen.
Dabei zielt die REACH-Verordnung auf unser vollständiges Leben und alle hierin vorkommenden chemischen Stoffe ab. Egal ob Kleidung, Möbel, Elektrogeräte oder Reinigungs-, Hygiene- oder Kosmetikartikel. Die REACH will, dass Unternehmen, die ihre Produkte in Europa herstellen oder in Verkehr bringen, die Risiken für diese identifizieren und vor allen Dingen kennen und beherrschen. Selbiges muss nunmehr gegenüber der ECHA (Europäische Chemikalienagentur) nachgewiesen und Risikomanagementmaßnahmen für den Anwender und Verbraucher bereitgestellt werden.
Wer ist die ECHA?
Die European CHemical Agency ist eine Agentur der EU, die Rechtsvorschriften zu Chemikalien zum Schutz der Gesundheit und Umwelt umsetzt. Mit anderen Worten: Sie verbietet chemische Stoffe bzw. fordert die Industrie bei erhöhtem Risiko auf, sicherere Alternativen zu entwickeln.
Wie macht die ECHA das?
Unter anderem anhand der REACH-Verordnung. In der REACH-Verordnung sind Verfahren zur Erfassung und Bewertung von Informationen über die Eigenschaften und Gefahren von Stoffen festgelegt.
Europäische Unternehmen oder Unternehmen, die ihre Produkte in Europa in Verkehr bringen, müssen ihre verwendeten Stoffe registrieren.
Die ECHA bewertet einzelne Registrierungen im Hinblick auf ihre Erfüllung der REACH-Anforderungen, während die einzelnen EU-Mitgliedsstaaten ausgewählte Stoffe auch nochmal selbst bewerten, um anfängliche Bedenken für die menschliche Gesundheit oder die Umwelt zu klären.
Die Behörden und die wissenschaftlichen Ausschüsse der ECHA bewerten zudem, ob die Risiken von Stoffen beherrscht werden können.
Seit 2008 haben sich in Deutschland als Beispiel ca. 3.000 Unternehmen mit ca. 12.000 Substanzen und ca. 28.000 hiermit verbundenen Registrierungen der REACH unterworfen. Wie viele Substanzen oder gar Unternehmen bisher der REACH dabei zum Opfer fielen, zeigen die Statistiken leider nicht.
Die Behörden können jedenfalls vermeintlich gefährliche Stoffe verbieten. Zudem eine Verwendung einschränken oder von vorherigen Genehmigungen abhängig machen, wenn ihre Risiken nicht nachweislich beherrschbar sind.
Die Beweislast liegt – wie erwähnt – bei den Unternehmen und das kostet mitunter Unsummen. Ein guter Grund, warum es sich viele kleinere Unternehmen nicht leisten können alternative Stoffe zu entwickeln und daraufhin schließen müssen.
Wer sind die wissenschaftlichen Ausschüsse, die eine Risikobeurteilung für die ECHA durchführen?
Die ECHA selbst ist nicht ermächtigt eigene Untersuchungen zu Stoffen durchzuführen. So erarbeitet ein Ausschuss für Risikobewertung (Risk Assessment Committee, RAC und Socio-Economic Analysis Committee, SEAC) Stellungnahmen zu Risiken von Stoffen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt.
Die Mitglieder des Ausschusses stammen aus verschiedenen europäischen Mitgliedsstaaten und werden für eine verlängerbare Amtszeit von drei Jahren gewählt.
Was bedeutet das nun alles für die europäische Tattoo-Industrie?
Vorab so viel – nix Gutes!
Im Schlepptau der Kosmetik-Industrie, ist die massive Nachfrage nach Tätowierungen mit in den Fokus der Regulierungsbehörden gezogen worden.
Dabei verweist die ECHA auf ihre Annahme, dass rund 12% der Menschen in Europa ein oder mehrere Tätowierungen tragen.
Also 27 EU-Mitgliedstaaten mit geschätzten 447,7 Millionen Einwohnern, wovon rund 54,0 Millionen tätowiert sein sollen.
Das wäre nicht wenig! Und da die ECHA sich auf die Fahne geschrieben hat, dass sie unser Leben gesünder machen will, hat man sich nach der Untersuchung von gesundheitlichen Risiken bei der Verwendung von Tattoo-Werkzeugen schon vor über einem Jahrzehnt den Tätowierfarben gewidmet.
Das Resultat bedeutet, dass tausende als gefährlich eingestufte Chemikalien, die in Tätowierfarben und Permanent Make-up enthalten sind, seit Januar 2022 einer EU-Beschränkung durch die REACH-Verordnung unterliegen.
Das heißt nicht, dass Tätowierungen verboten werden, sondern dass man Chemikalien, die nach Auffassung der ECHA und ihren Risikobewertungsausschüssen aus Tätowiermitteln zu verbannen hat, um Tätowierungen sicherer zu machen.
Auslöser hierfür waren Statistiken zu jährlich über 1.000 Fällen chronischer allergischer Reaktionen und verschiedener andersartiger Hautreaktionen und schwerwiegender Wirkungen aufgrund von Tätowierungen und Permanent Make-up. So schrieb es die ECHA mal auf Ihrer Website.
Heute werden ihre Worte aus guten Gründen etwas anders aber eigentlich auch nicht viel besser formuliert. Viele der Studien und Untersuchungen, die der damaligen Statistik zugrunde lagen wurden entweder widerlegt oder für gänzlich unbrauchbar eingestuft.
Was sind die Bedenken der ECHA?
Die ECHA stellt sich auf ihrer Website dazu selbst die Frage (Zitat):
„Bei Tätowierfarben und Permanent Make-up handelt es sich um Mischungen aus mehreren Chemikalien. Sie können gefährliche Stoffe enthalten, die Hautallergien und andere schwerwiegendere Auswirkungen auf die Gesundheit wie genetische Mutationen und Krebs verursachen.
Zudem können Farbpigmente über die Haut in verschiedene Organe wie Lymphknoten und Leber gelangen. Manchmal werden Tätowierungen mithilfe eines Lasers entfernt, der Pigmente und andere Stoffe in kleinere Partikel zerlegt. Wenn es sich dabei um schädliche Chemikalien handelt, werden sie durch die Entfernung freigesetzt und zirkulieren dann im Körper.
Da Chemikalien, die in Tätowierfarben und Permanent Make-up verwendet werden, lebenslang im Körper verbleiben können, besteht auch die Möglichkeit einer Langzeitexposition gegenüber potenziell schädlichen Inhaltsstoffen.“
(Anmerkung: „bedenken“: über etwas nachdenken, genau überlegen, erwägen, durchdenken)
Wer tiefer in die Thematik des EU-Verbots von Tätowierfarben einsteigen möchte, dem empfehlen wir ganz dringend die Website von www.savethepigments.com. Und auch gerne nochmal die Website www.tattoofarben.info.
Was gerade passiert, ist nicht gut!!
Das macht unter anderem auch ein am 15. September 2021 von einigen Tattoo-Supplies in Deutschland veröffentlichter Newsletter sehr deutlich. Vielleicht habt Ihr ihn auch schon gelesen.
Anbei auch bei uns nochmal als Zitat:
„REACH Informationen
Wichtige Info für alle Tätowierer/ -innen und Tattoostudiobesitzer/ -innen“
„Wie ihr bestimmt alle schon mitbekommen habt, befinden wir uns in diesem Jahr in der Übergangsphase der Kommissionsverordnung (EU) 2020/ 2021, auch genannt: Tattoo-REACH, welche kommendes Jahr 2022 am 04. Januar komplett in Kraft tritt.
Dieses neue Gesetz, das Tätowiermittel in der europäischen Union regeln und einen EU-weiten einheitlichen Standard schaffen soll, begrenzt unter anderem auch die Nutzung bestimmter Inhaltsstoffe, darunter auch einige Pigmente und Konservierungsmittel, die bisher zur Herstellung von Tattoofarben benutzt werden durften.
In Zukunft dürfen einige davon nur noch in geringsten Mengen in Tätowiermitteln vorhanden sein. Maximale Grenzwerte im Bereich 0,02% und darunter verbieten demnach faktisch die Nutzung dieser Stoffe. Prominente Beispiele dafür sind Blau 15 und Grün 7, für den Erhalt in Tattoofarben wurden hierfür ja ambitionierte Petitionen gestartet, die übrigens immer noch laufen. Bei den Pigmenten Blau 15 und Grün 7 gilt allerdings eine Übergangsfrist bis 2023.
(An dieser Stelle wollen wir auch alle nochmals dazu aufrufen, die Petition „Save the Pigments“ zu unterstützen. Für mehr Infos einfach hier klicken!)
Allerdings sind auch andere Pigmente und ebenfalls Konservierungsstoffe von diesem Umstand betroffen, welche teilweise in den von uns geführten Tattoofarbenmarken vorkommen. Es ist bisher aus verschiedenen Gründen den Herstellern dieser Brands noch nicht gelungen, die demnächst nicht mehr erlaubten Inhaltsstoffe durch andere zu ersetzen, um eine gleichbleibende Qualität der betroffenen Farbtöne zu garantieren. Nach mehrmaliger Rücksprache und aktueller Lage müssen wir euch somit also mitteilen, dass ein Großteil der aktuell angebotenen Tattoofarben in unserem Sortiment ab dem 04. Januar 2022 nicht mehr verkauft, gekauft, genutzt und gelagert werden dürfen.
Leider haben wir von unseren Zulieferern bisher ungenügende Information erhalten, wann mit Alternativen gerechnet werden kann. Zur einfacheren Übersicht werden wir alle noch von uns gelagerten und angebotenen Farben in unserem Onlineshop mit einem Hinweis versehen, welcher auf diesen Sachverhalt nochmal hinweist und euch eine Übersicht gibt, welche Tattoofarben betroffen sind.
Wir verstehen die Verunsicherung, die auf eurer Seite seit Anfang des Jahres mit Veröffentlichung des REACH-Gesetzes und nun eben noch weiter besteht.
Wir versuchen bereits seit Jahren, unseren Einfluss für euch zu nutzen und bemühen uns, zusammen mit den Herstellern von Tätowierfarben und sämtlichen Interessensvertretern eine zeitnahe Lösung für dieses branchenumspannende Problem zu finden.
Wenn ihr noch aktuelle Fragen zu diesem Thema habt, dann bitten wir euch, uns eine E-Mail an Euren Tattoo-Supply zu senden.
Wir versuchen natürlich, so gut wir können, euch weiterzuhelfen. Sobald es Neuigkeiten zu diesem Thema gibt, informieren wir euch selbstverständlich unverzüglich.
Kommt gut durch diese voraussichtlich eher farblose Zeit! Wir hoffen, dass wir alle bald wieder die vollen Farbspektren aller Tattoofarben genießen können.“
Fazit:
Um es hier nochmal deutlich zu machen – DocTattooentfernung ist selbst nicht politisch!!
Wir sind ein Netzwerk für die Kommunikation mit- und untereinander. Aber wir haben natürlich eine Haltung und werden die Tattoo-Branche mit allen Kräften unterstützen.
Was hier auf EU-Ebene und im Zuge des Verbraucherschutzes getan oder geleistet wird, ist sicherlich gut. Oder zumindest nicht schlecht im weiteren Sinne.
Dass gleich mehrere Industriezweige aufgrund von Annahmen und Bedenken über gesundheitliche Produktsicherheit durch Regulierungsbehörden in die Knie gezwungen werden, ist insofern diskutabel, als dass veranschlagte Grenzwerte zu Inhaltstoffen von Tätowierfarben und Permanent Make-up derzeit unerreichbar erscheinen.
Um es aus unserer Sicht nochmal klar zu machen! Bei weltweit geschätzten 540 Millionen Tattoo-Trägern fehlen uns ehrlich gesagt die „Toten durch Tattoo“!! Klingt böse – würde es uns im Bereich der Forschung rund um die Tattoo-Gesundheit aber sicherlich vereinfachen. Übrigens natürlich auch der ECHA, wenn es um den gesundheitlichen Verbraucherschutz geht.
Was die EU-Behörden bis heute anscheinend leider nicht verstanden haben ist, dass eine geschätzt 7.000 Jahre alte Kultur-Tradition und Kunden-Nachfrage sich nicht einfach durch ein behördliches Verbot beeindrucken lässt.
Kunden sind wie Wasser und suchen sich immer ihren eigenen Weg. Dem Verbraucherschutz ist also mit dem Pigmentverbot nicht wirklich geholfen und der Tattoo-Industrie schon gar nicht.
Was könnt Ihr hierzu noch gemeinsam für die Europäische Tattoo-Branche tun?
Unterstützt die Petition des Europäischen Parlaments zur Erhaltung der beiden Pigmente Blue 15:3 und Green 7 !! (mittlerweile leider vom EU-Petitionsausschuss geschlossen!)
Rund 178.000 Stimmen haben durch ihre bisherige Einzigartigkeit schon für ordentlich Eindruck beim EU-Petitionsausschuss und der EU-Kommission gesorgt.