Die Entfernung von Tattoos mittels Pico-Laser gehört heute zu den sichersten und effektivsten Methoden in der ästhetisch-kosmetischen Medizin. Die wachsende Nachfrage nach Laserbehandlungen hat den Markt für Lasersysteme und ihre teils utopischen Gewinnmargen stark expandieren lassen. Dass dabei nicht immer alles mit rechten Dingen zugeht, stellt man als Laseranwender spätestens an seiner ungültigen MDR-Zertifizierung oder gar gefälschter CE-Kennzeichnung fest. Daher ist es für Laser-Inhaber essenziell, auf MDR-zertifizierte CE-konforme Lasersysteme zu setzen. Nicht nur, um die Sicherheit für Kunden und Patienten zu gewährleisten, sondern auch die eigene Qualität der Dienstleistung.
Was ist die MDR überhaupt und was kann sie?
MDR steht für Medical Device Regulation. Sie ist die europäische MedizinProdukteVerordnung und heisst korrekter Weise: Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates.
Wer Zeit hat und sie mal lesen möchte, findet die MDR im EUR-Lex hier >>
Dass mit Implementierung der MDR im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), als quasi Türsteher für diejenigen die betroffene Produkte in Europa verkaufen möchten, nicht alles so rosig läuft, müsste jedem Laser-Entwickler, -Verkäufer, -Käufer oder -Anwender in unserem Metier mittlerweile bewusst sein.
Eigentlich als eine wirklich gute Sache gedacht, um einheitlich für Europa einen Kontroll-Mechanismus über medizinische Produkte zu schaffen, der Aschenputtel-like Linsen und Erbsen sortiert, bevor man auf den Ball darf.
„Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten in Kröpfchen!“ Alles zum Wohle des Anwenders, seiner Verbraucher und ihrer gemeinsamen Sicherheit. Egal wo man in der EU wohnt.
Dabei ist das MDR Verwaltungs-Monster so komplex und umfangreich, dass so mancher (gerade KMU) nicht nur auf der Strecke geblieben ist, sondern an diversen Stellen schlicht resigniert zu haben scheint.
Das erkennt man auch, wenn es um beanstandungsfähige Inverkehrbringung einiger und nicht weniger relevanter Produkte als Laser geht. Wir erinnern uns als Beispiel an den OP-Scheren Engpass 2020.
Was bedeutet die MDR-Zertifizierung für Lasersysteme?
Die Medizinprodukteverordnung (MDR, EU 2017/745) regelt die Anforderungen an Medizinprodukte in der Europäischen Union und ersetzt unsere frühere deutsche Medizinprodukterichtlinie. Sie definiert, welche Kriterien Medizinprodukte erfüllen müssen, bevor sie im EWR in Verkehr gebracht werden dürfen.
Auf nationaler Ebene wird die MDR obendrauf noch vom deutschen MedizinProdukterecht-DurchführungsGesetz (MPDG) flankiert. Es löst seit 2021 das altbekannte MedizinProdukteGesetz (MPG) ab.
Aber keine Bange. Es gilt dazu noch die MedizinprodukteBetreiberverordnung (MPBetreibV) und die MedizinprodukteAnwendermelde- und Informationsverordnung (MPAMIV) zu berücksichtigen.
Für die energiereichen Lasersysteme zur Tattooentfernung ist vor allen Dingen wichtig zu wissen, dass sie als Medizinprodukte in höherer Risiko-Klasse gelistet sind als z.B. eine OP-Schere.
Mehr Risiko bedeutet mehr Aufwand, weshalb ihre Konformität (Übereinstimmung vorgegebener Anforderungen) durch eine Benannte Stelle (Notified Body) geprüft werden muss. Die hier zugehörige finale CE-Kennzeichnung bestätigt die Einhaltung dieser gesetzlichen Anforderungen.
Die MDR-Zertifizierung umfasst dabei nicht nur die technische Dokumentation, sondern auch Risikobewertungen. Hinzukommen klinische Prüfungen und Nachweise über die Eignung für den vorgesehenen Zweck an einer festgelegten Zielgruppe.
Dabei wird nicht nur jedes Laser-Bauteil bis zur kleinsten Schraube geprüft, sondern im Menü auch jede Zeile des Programm-Codes analysiert.
Final sorgt die Konformitätszulassung dafür, dass Geräte (Energy Based Device, EBD) über Studien und Prüfungen nachgewiesen die versprochene Leistung liefern, ohne die Gesundheit der Kunden und Patienten ungewollt zu gefährden.
Für Laser-Anwender ist sie darüber hinaus eine rechtliche Absicherung und ein Qualitätsmerkmal gegenüber ihrer eigenen Kundschaft.
Kunden- und Anwendernutzen von MDR-zertifizierten Lasern
Die MDR-Zertifizierung dient in erster Linie dem Schutz von Patienten und Anwendern. Sie gewährleistet dabei, dass Lasersysteme unter definierten Sicherheitsstandards betrieben und die gewünschten Behandlungsergebnisse zuverlässig erzielt werden.
Gleichzeitig schafft die MDR durch relevante Kennzeichnungen aber auch enorm viel Transparenz. Anwender, Kunden oder Patienten können die Herkunft und Qualität eines Laser-Geräts vollends nachvollziehen.
Nicht nur, dass ein MDR-zertifizierter und CE-konformer Laser signalisiert, dass sein Hersteller und/oder Inverkehrbringer bereit sind teure, aufwändige und strenge Prüfungen zu durchlaufen, sondern auch Verantwortung für die Sicherheit und Wirksamkeit ihres Produkts zu übernehmen.
Wichtig dazu ist aber vor allen Dingen sich vor seiner Kundschaft sichtbar zu machen.
Man könnte es der Einfachheit halber als Stempel auf dem Ei bezeichnen. In der Realität muss man bei MDR-zertifizierten bzw. für den EWR erlaubten CE-konformen EBDs alle relevanten Angaben, inklusive einer UDI-ID (Unique Device Identification), auf dem Typenschild am Lasersystem wiederfinden können.
Herausforderungen bei der Umsetzung der MDR
Die Umsetzung der MDR ist nicht nur für die Hersteller sehr komplex und vor allen Dingen kostenintensiv. Die extrem detaillierten Anforderungen umfassen Dokumentation, klinische Bewertungen und Nachweise zur Geräte-Leistung und machen auch Prüf-Instituten – den sogenannten „Benannten Stellen“ (Notified Bodies) – oft Kopfschmerzen.
Solche Prüf- und Zertifizierungs-Szenarien können sich dabei gut und gerne mal auf ein bis eineinhalb Jahre strecken. Dabei darf auch nicht einfach jeder prüfen und zertifizieren.
Diese Benannten Stellen sind Organisationen, die von ihrem EU-Mitgliedstaat autorisiert wurden, die CE-Konformitätsbewertung für Medizinprodukte nach der MDR durchzuführen und entsprechende Zertifikate auszustellen.
Sie sind keine staatlichen Behörden, sondern unabhängige Prüfstellen, die die korrekte Einhaltung der MDR-Vorschriften für bestimmte Produkte bescheinigen, bevor diese in der EU auf den Markt gebracht werden dürfen.
In Deutschland ist die Zentralstelle der Länder für Gesundheitsschutz bei Arzneimitteln und Medizinprodukten (ZLG) für die Benennung und Überwachung dieser Benannten Stellen zuständig.
Dazu auch gerne mal beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nachschauen.
Gelistet sind diese Benannten Stellen übrigens im sogenannten NANDO-Informationssystem (New Approach Notified and Designated Organisations).
Das coole am Laser-Typenschild mit seiner UDI-ID (Unique Device Identification, „Eierstempel“) ist nun, dass man nicht nur klar identifizieren kann, wer das System wo gebaut bzw. in Verkehr gebracht hat, sondern über die kleine vierstellige Nummer am CE-Zeichen (Bsp. CE 012x) auch genau die Benannte Stelle zuordnen kann, die für die Zertifizierung des Systems zuständig ist.
Ein einfacher CE-Aufkleber ist also per se schon fernab jeglicher MDR-Zertifizierung und wer als Inverkehrbringer einfach seinen Namen oder Logo auf den Laser – und am besten noch über das Typenschild – klebt, steht als gleich in einer empfindlichen Verantwortung.
Schlaumeier-Info an dieser Stelle: CE steht nicht für China-Export, sondern für «Conformité Européenne» (übers. Europäische Konformität).
Risiken durch Fake-Laser auf dem Markt
Wo es kompliziert ist, entstehen gerne Lücken und Abkürzungen, die sich aktuell wohl nicht wenige zunutze machen.
Eine nicht unerhebliche Anzahl an ausländischen Geräte-Herstellern geben vor, MDR-zertifiziert zu sein. Dazu verwenden sie gefälschte CE-Kennzeichnungen oder lassen sich ein CE-Zertifikat als Beispiel für völlig Kategorie-fremde Produkte, anstelle des im Paket befindlichen Billig-Lasers mit eigentlich viel höherer Risikoklasse ausstellen.
Wie es diese Billig- oder Fake-Laser, die zu gerne auch noch Pico in ihrer Produktbezeichnung als Keyword tragen, es trotz MDR ins Land schaffen, ist teils phänomenal.
Heute im Online-Marketplace bestellt und morgen bereits auf der heimischen Fussmatte. Frisch geliefert aus dem 17-Fuss-Kontainer vom Parkplatz irgendeiner Landstraße im Nirgendwo (nicht übertrieben).
Solche Fake-Laser bergen natürlich erhebliche Risiken für ihre Anwender und Kunden. Laser-Anwender, die diese Geräte einsetzen, setzen aber nicht nur ihre Kundschaft einem sehr hohen Risiko aus, sondern zudem rechtlichen Risiken von schmerzlich hohen Bußgeldern bis hin zu strafrechtlicher Verfolgung.
Außerdem leiden natürlich die eigene Reputation und das Vertrauen der Kunden unter dem Einsatz solch minderwertiger Geräte.
Wie erkenne ich einen MDR-zertifizierten Laser?
Um sicherzustellen, dass ein Lasersystem den MDR-Anforderungen entspricht, sollten Laser-Käufer auf die CE-Kennzeichnung achten. Eine gültige CE-Konformität enthält die Identifikationsnummer der benannten Stelle (Bsp.: CE 012x).
Außerdem ist es wichtig, Kopien der Zertifikate beim Hersteller oder Verkäufer anzufordern und deren Echtheit und Gültigkeit zu überprüfen. Ein CE-konformes Lasersystem verfügt über eine vollständige technische Dokumentation und hat ein sogenanntes MedizinProdukteBuch im Lieferumfang.
Bisher noch freiwillig, ab 2026 schrittweise verpflichtend, ist die Registrierung in der EUDAMED.
Die EUDAMED ist die Europäische Datenbank für Medizinprodukte (European Databank on Medical Devices) und zentrales IT-System zur Speicherung und zum Austausch von Informationen über Medizinprodukte in der EU.
Allerdings wird sie alsbald sehr viel mehr sein als nur die Verwaltung von Medizinprodukten und schreibt dazu selbst (Zitat):
„Die Europäische Datenbank für Medizinprodukte soll die Marktüberwachung verbessern, indem den zuständigen Behörden ein rascher Zugriff auf Informationen über die Hersteller und ihre Bevollmächtigten, über Produkte und Bescheinigungen sowie auf Vigilanzdaten gewährt wird; ferner soll sie zum Austausch von Informationen über klinische Prüfungsdaten sowie zur einheitlichen Anwendung der oben genannten Richtlinien, insbesondere hinsichtlich der Meldevorschriften, beitragen.„
Hierin wird auch die Geräte zugehörige UDI-ID (Unique Device Identification „Eierstempel“) gespeichert und der Hersteller über seine SRN (Single Registration Number) registriert.
Die Bedeutung MDR-zertifizierter Laser und klar identifizierbare Hersteller
In einem Markt, der zunehmend von Fake-Lasern und nicht konformen EBDs geprägt ist, signalisiert ein MDR-zertifiziertes und CE-konformes Lasersystem natürlich Verantwortung und Professionalität.
Dass die MedicalDeviceRegulation MDR nicht nur ein immenses Verwaltungs-Monster, sondern neben Segen für so manches Unternehmen auch Fluch ist, dürfte jedem halbwegs bewusst sein.
Wie viele Produkt- & Zertifikate-Fälschungen oder Fake-Laser derweil in unserem Wilden-Westen bis hin in die ein oder andere Arztpraxis unterwegs sind, ist erschreckend.
Dienstleistungsunternehmen wie das Johner Institut oder der VDE als Alternative zu TÜV, DEKRA und anderen Instituten unterstützen Hersteller und Anwender dabei, die komplexen Anforderungen der MDR zu erfüllen.
Aber nicht jeder kann so einfach seinen frisch gebastelten Laser nach MDR zertifizieren lassen. Dafür muss sich ein Medizinproduktehersteller den Anforderungen der harmonisierenden Norm IOS 13485 unterziehen.
Ein Qualitätsmanagement (QM) mit dem Hersteller nachweisen können, dass sie die gesetzlichen Anforderungen der MDR und der In vitro Diagnostic Medical Device Regulation IVDR erfüllen.
Daran gekoppelt ist in Deutschland auch noch das eingangs erwähnte MedizinProdukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) und regelmäßig stattfindende Audits und Validierungen dazu.
Klar, dass da die Billig-Laser-Tüftler eher weniger Lust drauf haben.
Fazit: Sicherheit und Qualität stehen bei MDR-zertifizierten Lasern an erster Stelle
Für die Tattooentfernung gilt: Sicherheit und Qualität dürfen nicht dem Preis oder der Verfügbarkeit geopfert werden. Die MDR-Zertifizierung garantiert, dass Lasersysteme sicher, wirksam und transparent sind.
Praxen, Kliniken, Anwender, Kunden und Patienten profitieren gleichermaßen von der Verwendung MDR-zertifizierter EU-konformer Laser.
Wer in diese MDR-bedingt kostenintensiveren Lasersysteme und somit auch teureren Behandlungen investiert, schützt nicht nur seine Gesundheit, sondern auch die seiner Kundschaft.
Mal ganz abgesehen von der eigenen Expertise und rechtlichen Absicherung!
Angesichts der zunehmenden Zahl von Fake-Lasern ist die sorgfältige Prüfung der Geräteherkunft und Zertifizierung unverzichtbar.
MDR-zertifizierte und CE-konforme Laser sind das verlässliche Qualitätsmerkmal in unserem Bereich Tattooentfernung, das langfristig Vertrauen und Sicherheit schafft.
Ein Pico Nd:YAG Laser für 20.000€ oder weniger bedarf eines sehr großen Fragezeichens.
Ein echter und hochwertiger Pikosekunden Nd:YAG Laser ist für solch einen Verkaufspreis nicht zu bauen. Nicht nur, weil seine Stückzahl gemessen an der notwendigen Bauteil-Qualität und ihren Kosten utopisch hoch sein müsste, um Produktionskosten und eine „echte“ MDR-Zertifizierung wieder reinzuholen, sondern müssen hieran ja gut und gerne auch noch 10-20 Stellen daran verdienen.
Da hilft es der Seriosität des einheimischen Inverkehrbringers auch nicht, wenn er 400% Marge aufs Asia-Gerät draufknallt.
Eine kurze Suche mit Google-Lense und knackigem Prompt für die KI können bei der Recherche schon immens helfen, wenn auch nicht garantiert.
Alles andere spuckt die EUDAMED bald aus. Dazu hilft fragen, Zertifikate zeigen lassen und im Zweifel der direkte Kontakt zum Hersteller. Übrigens am besten alles schriftlich zur eigenen Dokumentation.
In der Schweiz heisst ähnliche Zulassungsbehörde übrigens Swissmedic – nur zur Info und hier wird schon pro-aktiv angefangen zu kontrollieren.
Anmerkung: Das Thema Medical Device Regulation MDR ist wirklich komplex und wird von uns hier nur oberflächlich beschrieben. Wir lassen uns gerne korrigieren, sollte uns ein Fehler unterlaufen sein. Dies hier ist keine Rechtsberatung oder ähnliches.
Haben Sie Fragen oder benötigen Sie Unterstützung rund um die MDR, dann wenden Sie sich sehr gerne z.B. an das Johner Institut.