Das Knast-Tattoo soll weg! Good vs. Evil

Das Knast-Tattoo soll weg! Good vs. Evil

In NRW können sich Häftlinge im Rahmen der Resozialisierungsmaßnahme von ihrem Knast-Tattoo trennen und das per Laser. Naturgemäß erregt das konservative Geister, die den Steuergroschen ihrer Wähler im Auge haben (Vorsicht, Wähler!). 

Nun ist es kein Geheimnis, dass ein Spinnennetz am Hals, ein paar Tattoo-Tränen auf dem Jochbein oder die drei Punkte zwischen Daumen und Zeigefinger nicht hilfreich bei der Jobsuche sind.

Wer es sinnvoll findet, dass ehemalige Straftäter auch nur den Hauch einer Chance haben nach ihrer abgeleisteten Haftstrafe neu anzufangen, kann Als Häftling in NRW die gewünschte Entfernung von Knast-Tattoos nicht ablehnen.

Die Laser-Tattooentfernung gilt unter medizinischen Gesichtspunkten als »kosmetische« Behandlung. Sie ist medizinisch nicht notwendig, weil der Tätowierte (soweit man heute weiß) keinen physiologischen Schaden durch die Tätowierung davonträgt.

Außerdem mag man einwenden. Die illegale Tätowierei im Knast mit Instrumenten und Farben aus Ruß, Duschgel, Marmelade (und nicht mit geprüften Tattoo-Mitteln) sei selbst verschuldet. Dann müsse man auch mit den Konsequenzen leben.

Wenn nun Kritiker damit argumentieren, die Tattooentfernung stehe den Häftlingen nicht zu, weil es sich um einen kosmetischen Eingriff handele, übersehen sie, dass das Gefängnis eine Institution ist, die einem sozialen Zweck dient.

Wer sich eines Verbrechens schuldigt macht, wird mit einer sozialen Maßnahme bestraft. Zum Beispiel mit Freiheitsentzug – eingeschränkte Grundrechte für eine bestimmte Zeit als Alternative zum rächenden Faustrecht. Ist die Zeit abgesessen, ist das »Sozialkonto« sozusagen wieder im Gleichgewicht – zumindest für die Justiz.

So schwer das auch einzusehen ist. Die strafende Gesellschaft muss dafür Sorge tragen, dass der soziale Kontostand eben auch bei den ehemaligen Gefangenen ausgeglichen ist. Eine Bestrafung über das Ausmaß des Richterspruchs hinaus läuft dem Sinn der Strafe zuwider.

Ewige Verdammnis für den Missetäter gibt es hier nicht – Deutschland ist kein Gottesstaat.

Das Kostenargument wird gerne ins Feld geführt – es gäbe ja Alternativen.

Dabei wird übersehen, dass nur in Bekleidung sichtbare Stellen, also Hände, Gesicht und Hals, auf Staatskosten gelasert werden. Außerdem ist es höchst zweifelhaft, ob die althergebrachten chirurgischen Methoden unter dem Strich billiger sind als die Behandlung mit dem Laser.

Abgesehen davon wären Narben an sichtbaren Körperstellen auch nicht gerade eine Jobempfehlung. Überhaupt greift das Kostenargument hier zu kurz. Bestrafen und Resozialisieren kostet immer Geld.

Vor allem kann eine Resozialisierung – und hier geht es z. T. um kostspielige Berufsausbildungen hinter Gittern – an einem Hautbildchen scheitern. Das wäre ein langer Anlauf mit einem verhunzten Absprung.

4 Gedanken zu “Das Knast-Tattoo soll weg! Good vs. Evil

  1. Hallo, also mein Freund verweilt zurzeit noch in der JVA. Er wird allerspätestens am 22. März entlassen und ich möchte natürlich mir alles Mögliche versuchen, um ihn zu unterstützen sein neues Leben auf die Reihe zu bekommen. Sehr störend sind dabei natürlich seine Tattoos an der Hand. wie z.B. die 5 Punkte. Wenn ich es richtig verstanden habe ist es möglich sie entfernen zulassen? Muss man dies beantragen oder wie funktioniert dass? Vielen herzlichen Dank im voraus 🙂

    1. Hallo Treueseele, danke Dir für Deine Anfrage hier über unseren Blog. Ja, es ist möglich Tätowierungen auch an der Hand mittels Lasertherapie entfernen zu lassen. Dafür empfehlen wir Euch einen Termin bei einem/einer unserer Laserologen/innen zu vereinbaren und Euch persönlich beraten zu lassen. Mit Deiner Frage, ob man solche Behandlungen „beantragen“ muss, verstehen wir, dass Du die Kosten für die Behandlungen gerne im Zuge der Resozialisierungmaßnahmen „übernommen“ haben möchtest!?

      Es gab vor ein paar Jahren mal den Fall in NRW (?!), wo solche Kosten auf den Steuerzahler übertragen wurden. Das gab fürchterlich Ärger soweit wir uns erinnern, da hierbei 5-stellige Beträge für die Lasertherapien veranschlagt wurden. Wie der heutige Stand einer möglichen Kostenübernahme ist, wissen wir leider nicht.

      Unsere Empfehlung: frage bitte bei zuständigen Behörden, Ansprechpartnern oder Bewährungshelfern nach. I.d.R. ist die Laser-Tattooentfernung eine Leistung, die privat getragen werden muss. Ob es hierbei noch Fördermöglichkeiten gibt, wissen die genannten Stellen am besten.
      Viele Grüße

  2. Das Knasttattoo ist ein Beleg für das Überdauern eines Kunsthandwerks unter extrem erschwerten Bedingungen. Für den Connaisseur ist eine mit Stecknadel, Spucke, Kugelschreiber angefertigte Gravur 1000mal mehr wert als trendige Massenware vom Zeitgeist. Das Job-Argument ist zu beachten, vergessen wird aber, dass es sowohl tätowierte Arbeitgeber gibt, als auch voll tätowierte Millionäre, die gar nicht vorhaben zu arbeiten. Noch in den 80ern hätte man so wie Sie argumentieren können, nun ist der Tattoo-Zug abgefahren mit voll tätowierten Supermodels, die dafür bezahlt werden, dass sie sich mit dem Knastimage brüsten. Macht ihr mal ruhig weiter mit Repression und Spiessbürgerentrüstung, ich fülle meine freien Stellen auf.

    1. Wir versuchen uns fernab von Spießbürgertum zu bewegen 🙂 Aber teilweise haben Sie Recht! Es gibt mittlerweile zahlreiche Mitbürger, die gerne mal ein Hautbildchen unter der Robe oder dem Arzt-Visitekittel tragen. Uns geht es in dem Artikel aber vor allen Dingen darum, Menschen, die sich at 1 gerne wieder in der Gesellschaft eingliedern möchten und at 2 dabei Schwierigkeiten haben, weil sie signifikante Tätowierungen an sichtbaren Stellen aufweisen, zu helfen.

      Wenn eine Tätowierung zwischen seinem Träger und der gewünschten Arbeitsstelle aber auch der zwischenmenschlichen Beziehung steht, dann machen wir gerne den Laser an. Zu einem unserer Laser-Dermatolgen zu kommen ist für unsere Tattoo-Träger eine freiwillige Entscheidung. Genau wie die, sich ein Tattoo stechen zu lassen. Jede Handlung hat aber ihre Konsequenzen im Leben. Das sollte ein jeder Mensch wissen und berücksichtigen. Uns haben zu diesem Artikel u.a. die Berichte eines Häftlings betroffen gemacht, der seine Tattoos weg gelasert haben wollte und dieses nun von bürokratischer Seite verweigert wurde. Das Thema berührt uns, ist aber zu umfangreich für diesen Bereich.

      Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für die Auffüllung der noch zu tätowierenden Körperstellen. Und nicht vergessen: „Think before you ink!“ Wir helfen andernfalls gerne weiter 😉

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