Der Weg in die Tattoo-Kultur wird gegenwärtig auch ohne Abenteuer auf hoher See, hinter Gittern oder im Zirkus beschritten. Eine Tätowierung im Beruf lässt bei der heutigen Generation nur den einen Rückschluss zu: Dass sich jemand hat tätowieren lassen… Hate me now and thank me later!
Tattoos und Job – ein Dauerthema (wir berichteten): In den vergangenen Jahren scheint die gesellschaftliche Akzeptanz von Tätowierungen merklich gestiegen. Hautbildchen sind nicht länger die Kennzeichnung von Matrosen, gefallenen Mädchen und anderen Outcasts der bürgerlichen Gesellschaft. Mindestens die alltägliche Begegnung mit tätowierten Menschen und der Blick auf die zahlreichen neu eröffneten Tattoo-Studios zeigen, dass die bleibenden Bilder auf der Haut ein Konsumgut geworden sind.
Der Ruch der echten Grenzüberschreitung, von dem eine Tätowierung kündete, ist für die Masse der Konsumenten zum Katalogmotiv geworden. Ein bisschen Halbwelt, ein bisschen Rock’n’Roll in der berühmten Normalität der »gesellschaftlichen Mitte«, diesem Alltag mit Job, Familie und Rentenversicherung.
Es bringt etwas Würze ins Leben, auf geschickte Weise mit Abweichung zu kokettieren. Das unterscheidet spannende Mode von langweiliger. Bei diesem Spiel machen alle mit, die Tätowierung ist Geschmacksache wie die Wahl der Frisur – soll man meinen.
Spießer vs. Freaks? Oder ist es komplizierter?
Gerade im beruflichen Feld zeigt sich jedoch, dass es zuweilen nicht weit her ist mit der Toleranz, die mit der Verbreitung einer Mode üblicherweise einhergeht. Immer wieder geraten Arbeitnehmer mit Tattoo in Konflikt. Mittlerweile gibt es schon eine Interessengruppe auf Facebook, die sich allein diesem Thema widmet.
Die stolzen Slogans und Posen auf Tattooed And Employed lassen erahnen, dass der Wunsch, seine Individualität zu entfalten, in vielen Berufen nicht gern gesehen ist. Man fühlt sich »gedisst«, disrespected. Vordergründig ist der Vorbehalt eines Arbeitgebers gegen Tattoo-Träger recht einfach einzusehen: Sorge um die Reputation des Unternehmens.
DocTattooentfernung hat nachgefragt bei Direktoren, Chefs und Personalern renommierter internationaler Hotels, Kanzleien, Kliniken, Banken und Fluggesellschaften:
Sind Tätowierungen in Ihrem Hause erlaubt? Oder stellen diese ein klares Ausschlusskriterium dar, selbst wenn der Bewerber sich zu hundert Prozent für eine zu besetzende Stelle eignen würde?
»Für Mitarbeiter mit Gastkontakt sind sichtbare Tattoos zu vermeiden. Ein absolutes Ausschlusskriterium sehe ich aber nicht.«
»Generell sind Tätowierungen erlaubt. Je nach der Stelle, Aussage oder Abbildung bitten wir Mitarbeiter jedoch darum, diese nötigenfalls abzudecken. Persönlich oder privat habe ich nichts dagegen, bin jedoch in der Situation, ein Mittelmaß zwischen Gästen und Kollegen finden zu müssen.
Bei einem Bewerber oder Kollegen, der zum Beispiel eine Tätowierung im Gesicht hat, würde ich sicherlich mehr überlegen und abwägen und mich gegebenenfalls davon beeinflussen lassen.«
»Nicht im sichtbaren Bereich, d. h. Gesicht, Hals, Hände, Handgelenke. Kommt auf das Tattoo an. Ein kleines im Halsbereich kann durch ein Pflaster abgedeckt werden.«
»Laut Mitarbeiterhandbuch sind Tattoos nicht im Sichtbereich zu tragen. Ich hatte noch nie sichtbar tätowierte Bewerber zum Bewerbungsgespräch. Ausschlusskriterium wären Position wie DOSM, FOM, F&D Manager, sprich: Positionen in der Öffentlichkeit.«
Während man sich hier weitgehend einig ist, dass nur ein Tattoo, das man nicht zu sehen bekommt, ein gutes Tattoo ist, gehen die Meinungen über mögliche Imageverluste für Unternehmen auseinander:
Beeinträchtigt eine Tätowierung das Image eines Unternehmens?
»Es kommt sehr auf den Gästekreis an. Ältere Mitglieder von Reisegruppen dürften wenig tolerant sein. Als imageprägend für ein Unternehmen würde ich Tätowierungen in der heutigen Zeit trotzdem nicht ansehen.«
»Dies wird jedoch wiederum von der Art (Aussage / Abbildung) der Tätowierung stark beeinflusst. Oft sind Tätowierungen modisch geprägt. Jedoch werden mit der einen oder anderen Abbildung auch Aussagen und Statements gemacht.
Sollten diese gar in eine politische oder gar extreme Richtung gehen, kann es meiner Meinung nach schon zu einer Beeinflussung auf das Unternehmensimage kommen.«
»Mitarbeiter mit direktem Gästekontakt prägen das Image des Hotels und Unternehmen. Aus diesem Grund passt eine Tätowierung nicht, da dieses die persönliche Einstellung des Mitarbeiters und nicht die des Unternehmens widerspiegelt.«
»Ja, eine Tätowierung kann das Image eines Unternehmens beeinträchtigen. Je nach Unternehmensart gibt es Richtlinien für das Tragen von Tattoos, Piercings, Schmuck und Schminke.«
Das Unbehagen in der Tattoo-Kultur geht in vielen Firmen um. Egal, wie es um die Qualifikation des Mitarbeiters bestellt ist, tätowiert beim Kunden erscheinen – ein No-Go denken sich viele Personaler. Und das obwohl sie selbst keine Vorbehalte hätten. Auf die Frage,
…ob eine Tätowierung Aufschluss darüber gebe, wie ehrenhaft Angestellter im Umgang mit seinen Kunden oder Gästen ist…
lautet die einhellige Antwort: »Nein!«
Man kann am Umgang mit den Moden der Gesellschaft ablesen, wie konservativ bestimmte Branchen sind. Die Unauffälligkeit im Auftritt ist gewissermaßen die kleine Schwester der Diskretion.
Man fragt nicht und man gibt keinen Anlass, Fragen zu stellen. Im juristischen Bereich scheint es unvermeidlich, dass Tätowierungen in erster Linie als der Rauch gelesen werden, der auf ein Feuer deutet – es gibt ein Moment der Irritation:
»Ich hatte noch nie einen Bewerber vor mir sitzen, der eine sichtbare Tätowierung hatte. Danach gefragt, ob sie Hautbildchen am Körper tragen, habe ich auch noch nie. Unsere Dienstleistung hat eher eine konservative Gesamtnote.
Offenkundige Tattoo-Träger würden unsere Mandanten sicherlich irritieren. Was man aber unter der Robe oder dem Anzug so trägt, weiß ich nicht und frage ich auch nicht!«
Doch stimmt die Gleichung, dass das konservative Denken in den Chefetagen einfach nur intolerant ist gegen die qualifizierten aber bunten Vögel?
Spielt sich hier einfach nur Konflikt Spießer vs. Freaks ab? Immerhin gibt man zu erkennen, prinzipiell nichts gegen Tattoos zu haben – solange sie unsichtbar bleiben. Lustigerweise wollten die befragten Unternehmen ALLE unerkannt bleiben – im Zuge der Seriosität.
Alle spielen mit Zeichen – aber das Spiel ist ernst
Der tiefere Witz dieser Politik bestimmter Branchen besteht in Wirklichkeit darin, dass sie ihrerseits mit dem Erscheinungsbild ihrer Mitarbeiter eine bestimmte Aura erzeugen wollen: Das Vertrauenswürdige, das Solide, das Understatement, das zurückgenommene Sexappeal usw..
Sie brauchen Mitarbeiter in einer Art Tabula-rasa-Zustand, die sie selbst für die Zwecke ihrer Branche »ausmalen« können. Klingt schräg? Die Beispiele sind jedem bekannt, nur nicht immer erkannt:
- Ein 22-jähriger BWL-Bachelor gibt mit Binder, Nadelstreifen und gerahmten Schuhen den Junior-Consultant einer Unternehmensberatung und unterdrückt alles naturwüchsig Unreife in seiner Erscheinung. Nur so lässt sich erreichen, dass man ihm nicht wie seinen gleichaltrigen Praktikantenkollegen begegnet.
- Die Stewardess im Kostüm ist das Sinnbild eines konservativen Rollenklischees, bei dem mit Schminke, knielangem Rock und blickdichter Strumpfhose gerade genug Prickel aktiviert wird, um die nervösen (männlichen) Fluggäste zu Wohlverhalten zu animieren. TWA drückte übrigens vor 40 Jahren schon heftiger den »Sex sells«-Knopf – vergleichen Sie es mit der Gegenwart und ziehen Sie Ihre Schlüsse…
- Der graue Anzug und das blütenweiße Hemd des Bankberaters umgarnen den Kunden mit der beruhigenden Botschaft, dass hier alles seriös und unbefleckt zugeht. Gelddinge sind diskrete Angelegenheiten, Unauffälligkeit daher das Mittel der Wahl.
- Die gehobene Gastronomie verlangt in ihrem Setting eine zur Schau getragene Dienstbarkeit, weil der Gast für ein paar Stunden der König ist und im Mittelpunkt stehen soll – wer das feudale Rollenspiel beherrscht, wird von seinen Gästen geliebt und mit Trinkgeld belohnt.
Es ließen sich unzählige Typisierungen aufzählen, die alle zeigen, dass wir in unserer ernsten Berufswelt ganz schön vom Schein leben – nur muss er zum jeweiligen Feld passen, sonst gibt es Misstöne.
Wenn sich Ihr Banker das nächste Mal vor Ihnen erhebt, sein Sakko mit einem Knopf schließt und Ihnen mit jovialer Geste die Hand reicht und den Kopf neigt, wissen Sie: Er will nur spielen.
Think before you ink – revisited
Diese Kompositionen von Erscheinungsbildern werden schlicht und ergreifend durchbrochen mit dem leisesten Hauch von Abweichung – und das ist ja der Witz einer Tätowierung: Abweichung signalisieren.
Was hier tatsächlich in Widerspruch geraten kann, sind die Zeichensysteme, mit denen die verschiedenen beruflichen Kulturen arbeiten. Die Parole »Think before you ink« sollte daher nicht bloß auf die Frage bezogen werden, ob die zeitweilige Liebe zu einer bestimmten Broiler-Kette in ein Tattoo münden muss…
Dass solche Hautbildchen Entscheidungsträger alarmieren, die Umsicht und Intelligenz ihrer Träger ernsthaft in Frage zu stellen, kann man schlechterdings als konservative Intoleranz beklagen, wenn es für bestimmte Aufgaben auf eine gewisse Charakterstärke ankommt. Wie gut, dass sich Jugendsünden heutzutage relativ schmerzfrei und bei richtiger Behandlung und Nachsorge ohne Narben mit dem Laser entfernen lassen.
Damit kann man seiner gewachsenen Reife und Einsicht nämlich auch Ausdruck verleihen – man steht nicht zu seiner Geschichte, indem man sie jedem zeigt und ein ums andere Mal die daraus erwachsenen Nachteile abarbeitet.
Tipps und Faustregeln
1. Sie können Zeichen nicht privat deuten. Aus Prinzip nicht: Zeichen funktionieren nur gesellschaftlich oder gar nicht. Wenn Sie ein bestimmtes Motiv wollen, prüfen Sie die Bandbreite möglicher Interpretationen. Läuft Ihnen eine davon zuwider – lassen Sie’s. Wird Ihnen im Nachhinein klar, was Sie da auf der Haut herumtragen – machen Sie einen Termin bei Ihrem lokalen Laserdermatologen.
Die offenkundig schlechten Entscheidungen bei der Motivwahl (Fastfoodketten-Logos…) sind für die meisten leicht zu verstehen und bilden den Stoff für diverse Spaß-Webseiten. Dann gibt es aber Motive wie nicht-lateinische Schriftsysteme, Zeichen, deren Verwendung öfter schief geht, weil man sich zu wenig auskennt.
Kann das eine Schriftzeichen so eindeutig sein, wie Sie meinen? Lassen Sie sich die jeweilige Bedeutung eines Schriftzeichens erklären und nicht nur, wie man Ihren Namen in der fremden Sprache schreiben könnte.
Selbst Sinnsprüche haben oft mehr historisches Gepäck, als man auf den ersten Blick vermutet. Denken Sie an den römischen Denker Cicero, wenn Sie die Parole »Jedem das Seine« lesen? Oder doch eher an Buchenwald? Es kann z. B. niemand ernsthaft davon ausgehen, eine Swastika (»Hakenkreuz«) auf der Haut würde in erster Linie als Reverenz an die Hindu-Gottheit Ganesha verstanden.
Abgesehen von der aktuellsten Aufladung dieser geometrischen Form durch die Nazis hat das Zeichen eine Bandbreite verschiedener Bedeutungen, die von Steinzeitmenschen in der Ukraine über diverse Religionen und Kontinente, bis zum europäischen Freimaurertum reicht. Solche Zeichen sind nur als Tattoo geeignet, wenn jeder Betrachter geradezu hineinlesen soll, was er will, und nicht, was man sich selbst dabei gedacht hat. Wenn Sie darauf abzielen, könnte Ihr Leben spannend werden…
2. Sie wollen kein Spielverderber sein. Die Überlegungen, die man seinem zukünftigen Tattoo-Motiv widmet, sind nicht die einzigen, die es anzustellen gilt. Versuchen Sie einmal, Ihr berufliches Umfeld als Spielfeld zu betrachten, zu dem bestimmte Zeichen gehören.
Nur so kommt man den kleinen Geheimnissen auf die Spur, was es mit den jeweiligen Sitten auf sich hat – und warum man erfahrungsgemäß schlecht dagegen ankommt. Wer sich gegen bestimmte berufliche Konventionen offensiv beugt, fühlt sich vielleicht als Rebell – kann sogar wirklich zutreffen; es trifft allerdings auch zu, dass eine Einladung zum Spiel ausgeschlagen wird. Die anderen nehmen den Individualisten daher primär als Spielverderber wahr…
3. Der Geist ist willig, doch das Fleisch… Vielleicht hat sich mit den Jahren herausgestellt, dass Ihre Haut Tätowierungen schwammig aussehen lässt – und eine geeignetere Haut können Sie sich schließlich nicht verschaffen. Anstatt Sie zu schmücken, betonen verwitternde Tattoos den natürlichen Alterungsprozess zusätzlich. Schlecht, wenn Sie in Ihrer Arbeit vom Nimbus einer alterslosen Erscheinung zehren wollen. Sie können den Tattoo-Verfall wieder gutmachen.
Mit Blick auf die oben angeführten Beispiele wird deutlich, dass es nicht allein um Toleranz geht, sondern um das symbolische Drumherum des jeweiligen Berufs. Das ist nicht für alle Ewigkeit in Stein gemeißelt. Doch gerade in Krisenzeiten wird der symbolische Status quo stärker betont als im Aufschwung.
Wir befinden uns nach wie vor in einer wirtschaftlichen Dauerkrise, die sich nicht ohne Weiteres auflösen wird. Wenn Sie sich unsicher sind, was man von Ihnen beruflich erwartet, sollten Sie im Zweifelsfall das Auffällige meiden.
Hilfe und weitergehende Informationen finden Sie bei Doc-Tattooentfernung.com, dem Ratgeber und Netzwerk für eine professionelle Laser-Tattooentfernung!
Hallo, das ist wirklich so eine Sache mit dem Beruf.
Ich würde keinen Angestellten auf Kunden loslassen, wenn das Gesicht voller Tattoos ist. Tattoos sind eine super Kunst, aber das Sehen leider nicht alle Menschen so.
Besonders bei der Arbeit ist das oft nicht so erwünscht. Ich würde fast schon sagen, dass Menschen mit Tattoo einen schlechter bezahlten Job bekommen.
Vielen Dank für den super Blog!
Der Autor schafft es doch tatsächlich, gleichzeitig mit Gas und Bremse zu fahren, also die gestiegene Akzeptanz von Tattoos zu umschreiben, die dann aber doch am besten wieder entfernt werden sollen. Der Kunstgriff dabei liegt darin, auf unterschwellige Ablehnung der anderen nur hinzuweisen und dadurch zu verschleiern, dass man selbst der Denunziant ist.
Zur Seriosität beim Kundenkontakt kurz Folgendes: Denkt ein Bankkunde, dessen Alterssicherung von der Bank verzockt wurde: „Immerhin hatte der Berater kein Tattoo, zum Glück!“ oder denkt ein anderer Bankkunde nicht viel eher : “ Komisch, der Banker sah aus wie ein Zombie, aber er hat 7% Gewinn für mich rausgeholt!“
Hallo ruffiguitar, danke für den nicht ganz unkritischen Kommentar 😉 Gas und Bremse ist nicht schlecht! Es gibt sicherlich immer wieder FÜR und WIDER! Zur Klarstellung vielleicht mal folgendes von unserer Seite: Es gibt keine „unterschwellige“ Ablehnung zu Tätowierungen von uns!
Wir finden Tätowierungen geil! – wenn Sie gut gemacht sind und dem Träger vor allen Dingen ein gutes Gefühl geben!! Das ist in den Fällen unserer Kunden und Patienten aber eben oft nicht der Fall. Wir haben gerade in Deutschland dazu (übrigens gemeinsam mit tätowierten Menschen und seriös!!) nachgefragt und kommen auf 700.000 beratungsbedürftige Tattoo-Träger. Nicht gerade wenige, oder!? Und so mancher möchte gerne in einer Bank oder bei der Polizei sein Berufsleben verbringen.
Kann dies aber nicht, weil seinem potenziellen Arbeitgeber das sichtbare Tattoo ein Dorn im Auge ist. Was die Kundenseite des Banktresens betrifft, so gilt doch wohl eher der Gedanke: „Jetzt hat der mein ganzes Geld verzockt ..aber war ja auch klar ..der ist ja tätowiert!“ Für mich stellt sich die Frage gar nicht, ob tätowiert oder nicht – die Bank hinterlässt bei mir eh den Eindruck, dass sie mit meinem Geld Schindluder betreibt. Und meistens sind es dann die mit Krawatte – ohne Tattoo!! 😉
Ach, und bitte sage mir, wo ich den Bankberater mit Tattoo finde…der mit den 7% im Plus!
Werde sofort sein Kunde!!