Die aktuelle Debatte rund um das europaweite Verbot von rund 4000 Inhaltsstoffen – rund 1.800 davon – in Tätowierfarben (Tattoo-REACH), macht es in vielen Zeitungsartikeln, TV-Reportagen, Interviews, Social-Media Timelines und Emails mal wieder sehr deutlich.
Nicht jeder scheint wirklich Ahnung davon zu haben, worüber er da als auserkorener „Experte“ spricht.
Die Thematik rund um die Mittel und Mixturen, die für Tätowierzwecke ihre Verwendung finden und mit Nadeln in die menschliche Haut eingebracht werden, ist aber auch wirklich nicht einfach.
Einfach wäre es hingegen ordentliche Recherche zu betreiben oder sich bei Menschen vorab zu erkundigen, die sich mit der Materie auskennen, bevor man seinen uralten Käse aus seinem Oberstübchen in irgendeine Kamera oder Internet-Feed absondert.
Fragt diejenigen, die sich auskennen!
Einer derer, die nicht nur Tätowierfarben-Hersteller, Ministerien und Institute, Wissenschaftler, Mediziner und Forscher über den bunten Hightech-Dispersionen berät und aufklärt, ist nicht Miraculix, sondern Dipl.-Ing. (FH) Michael Dirks. Kurz: Michl.
Michl ist Chemieingenieur für Farben und Lacke und hat sich als Gründer und Geschäftsführer seiner Firma The3Pylons GmbH auf die Herstellung von Tätowier- und Kosmetikmitteln spezialisiert und berät neben einigen anderen internationalen Herstellern auch die I AM INK GmbH in Österreich.
Da Michl nachweislich mit Diplom (Dipl.-Ing.(FH)) und über 15 Jahren Berufserfahrung wirklich viel Ahnung von dem hat, was er da tut, ist er mitunter auch Autor und Co-Autor mehrerer Artikel und wissenschaftlicher Publikationen.
Zudem berät er nicht nur die internationale Tattoo- und Kosmetik-Industrie, sondern auch die Medizin und Wissenschaft.
Dass er hierbei sehr gut vernetzt ist, zeigt auch sein ehrenamtliches Engagement:
- 2007 Mitglied im wissenschaftlichen Beirat des Deutsche Organisierte Tätowierer D.O.T. e.V.
- 2011 Mitglied im ProTattoo e.V.
- 2014 bis 2021 Mitglied des Bundesverband Tattoo BVT e.V.
- 2014 bis 2016 Experte im Consumer Safety Network in der Gruppe Tattoo und Permanent Make-up (CSN-STPM), JRC der Europäischen Kommission
- 2016 Gründungs- und Vorstandsmitglied der internationalen Forschungsgruppe European Society of Tattoo and Pigment Research (ESTP) in Kopenhagen.
- 2020 gemeinsam mit Erich Mähnert Initiator der erfolgreichsten EU-Petition „Safe-the-Pigments“
Was Tätowierfarben genau sind, erläutert Michl in einem sehens- und hörenswerten Vortrag, den er im Juli für die Tattoo-Tagung@web 2021 gehalten hat und dankenswerter Weise für alle Interessierten hier kostenfrei zur Verfügung stellt.
Wichtige Links zum Thema Tätowierfarben:
Gesetzliche Vorgaben für die Herstellung von Tätowierfarben:
- Resolution ResAP(2003)2 on tattoos and permanent make-up 19. Juni 2003, Europarat
- Resolution ResAP(2008)1 on requirements and criteria for the safety of tattoos and permanent make-up 20. Februar 2008, Europarat
- Tätowiermittel-Verordnung 13. November 2008, Deutschland
- Verordnung über Gegenstände für den Humankontakt 23. November 2005, Schweiz
- Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit über Ausübungsregeln für das Piercen und Tätowieren durch Kosmetik(Schönheitspflege)-Gewerbetreibende 14. Februar 2003, Österreich
Tattooed Skin and Health
Editor(s): Serup, J. (Copenhagen), Kluger, N. (Helsinki), Bäumler, W. (Regensburg) “Making Innovative Tattoo Ink Products with Improved Safety: Possible and Impossible Ingredients in Practical Usage”- Autor Michael Dirks https://www.karger.com/Article/FullText/369236
Europäische Norm für Tätowierer (WKO-Österreich)
Tätowierdienstleistung – Leitlinie für eine gute Praxis – Hygieneanforderungen https://www.wko.at/branchen/w/gewerbe-handwerk/fusspfleger-kosmetiker-masseure/Europaeische-Norm-fuer-Taetowierer.html
Mythen § Bullshit – Wir räumen auf!
Zitat:“(…) mehr oder minder ein Abfallprodukt aus der Autoindustrie, werden z.B. einfach bestimmte Autolacke verwendet, um eben besonders brillante Farben auch herzustellen. (…)“
(Quelle: ARD-Mediathek)
>> Lack ist per Definition ist ein flüssiger oder auch pulverförmiger Beschichtungsstoff, der dünn auf Gegenstände aufgetragen wird und durch chemische oder physikalische Vorgänge zu einem durchgehenden, festen Film aufgebaut wird. (Quelle: Wikipedia)
Die Behauptung, Tätowierungen werden aus einem Abfallprodukt aus der Automobil-Industrie hergestellt, ist totaler Quatsch!! Der hier verwendete Terminus ist einfach falsch. Es würde sich um Schmelzlacke wie z.B. bei der Kfz-Reperatur handeln. Zudem sind Autolacke speziell ausgehärtet.
Was der korrekte Begriff hierbei sein muss, ist: Das PIGMENT.
Pigmente, die in Tätowierfarben verwendet werden, findet man zudem nicht nur auch in Autolack, sondern ebenso in Produkten aus der Textil-Industrie, Kosmetik und auch in der Medizin. Es scheint vielen Medizinern nicht ganz klar zu sein, dass ihre eigene Branche und die Pharmazie genauso von der REACH-Verordnung betroffen ist, wie die Tätowierer. Nicht nur unter Berücksichtigung von Titandioxid (TiO2 – Pigment weiß) in einer Vielzahl von Medikamenten, sondern als Beispiel auch in blau eingefärbtem Nahtmaterial (z.B. ETHILON® II blau)
Die Farbbrillanz von Tätowierfarben wird zudem über die Auswahl von Pigmenten justiert und nicht den Einkaufszettel von Herrn Professor Doktor im Kfz-Teile- und Zubehörmarkt.
Zitat:“(…) Tattoos weglasern bringt eine Menge Stress für den Körper. Die Zersplitterung der Farbmoleküle kann sogar Krebs auslösen. Entgiftung könnte dagegen helfen. (…)“
(Quelle: bild.de)
>> hierzu äußere ich mich lieber nicht zu ausführlich … das ist Clickbaiting und Moppelkotze!! Natürlich bedeutet eine Laserbehandlung Stress für den Körper. Genau wie jede Tätowierung und jedes Sonnenbad am Meer. Die Entgiftung erledigt der Körper selbst von Natur aus. Wasser trinken unterstützt ihn dabei vehement.
Buntes Farbenaus für Tätowierer und Ihr Kunden?
Zitat:“(…) Drei Farben bald für Tätowierer verboten: die Giftigkeit von Tinten von der EU in Frage gestellt. (…)“
(Quelle: RTL Belgien)
>> Das ist nicht falsch aber auch nicht ganz richtig! Es sind mehr als drei Farben. Gelb, orange und rot sind genauso auf der REACH-Liste, wie blau und grün! Wichtig zu wissen ist aber, dass es für alle Substituenten (Ersatz) gibt, bis auf Blau 15 und Green 7
Zitat:“(…) Die Gesundheit und das Wohlbefinden unserer Bürger haben für uns Priorität. Neben Allergien und Hautproblemen können giftige Chemikalien in Tätowierfarben andere gesundheitsschädliche Auswirkungen haben, z. B. Krebs. Tätowieren wird in Europa immer beliebter. Deshalb ist es dringend erforderlich, dass wir diese Chemikalien jetzt regulieren. (…)“
(Quelle: ECHA, Virginijus Sinkevičius, EU-Umweltkommissar)
>> Um die Tattoo-Industrie hierbei richtig zu verstehen: Wir sehen es genauso!! Die Gesundheit unserer Kunden hat immer oberste Priorität. Allerdings sollte eine Regulierung umsetzbar, nachvollziehbar und vor allen Dingen überprüfbar sein. Eine Verordnung sollte nicht dazu führen, dass Tätowierfarben auf dem legalen Weg nicht mehr angeboten werden können.
In der REACH fehlen einfach die Risiko-Assessments zu den Inhaltsstoffen/ Pigmenten von Tätowierfarben. Es wurden einfach sogenannte Group-Assessments erstellt und alle …nennen wir sie mal „Bad-Boys“ pauschal in einen Sack geworfen und gleichbehandelt. Das ist – mit Verlaub – falsch!! Es wirkt wie eine Sparmaßnahme auf Basis von vielen Vermutungen, Behauptungen und Glauben.
Meinungen von Experten, die sich mit Tätowierfarben und Gesundheit auskennen:
Zitat:“(…) Laut Jørgen Serup, Professor an der Dermatologie des Krankenhauses Bispebjerg, ist es ein Furz in einer Hornlaterne. Aus seiner Sicht schließen die Behörden derzeit „vertikal einen Beruf. Dies ist eine Tötung der legitimen europäischen Tattoo-Industrie. Es gibt niemanden, der den gestellten Anforderungen gerecht werden kann. Sie enteignen einfach eine Branche – die legalen Tätowierer – und sind nicht zur Entschädigung verpflichtet, wie das bei den Nerzen der Fall war“, sagt er. (…)“ (Übersetzung Google)
(Quelle: „Neue Tattoo-Regeln in zwei Monaten: Es ist ein Mord an der Branche Artikel von BO NORSTRÖM WEILE für bt.dk I Foto: B.T.)
Zitat:“(…) Farbstoff-Pigmente aus Tätowierungen können sich in Lymphknoten ansammeln. Wir schauen uns heute gemeinsam einmal an, wie sich das bei der Sektion mit Präparation der Lymphknoten (in diesem Fall in der Achselhöhle) darstellt. Mit der Tattoo-Tinte gelangen ihre Bestandteile in den Körper. Dies ist nicht ungefährlich, da in der Praxis oftmals auch Pigmente verwendet werden, die nicht explizit für den Gebrauch in Tattoos vorgesehen sind, sondern beispielsweise für industrielle Lacke oder Farben.
>> In letzteren befinden sich nicht selten Schwermetalle und metallische Verbindungen, wie Arsen, Chrom, Quecksilber, Kobalt oder Nickel. Allerdings ist mir aus 30jähriger Sektionspraxis kein einziger Fall bekannt, bei dem jemand infolge einer Schwermetallvergiftung oder anderer Vergiftung infolge einer oder mehrerer Tätowierungen starb. Lymphknoten gehören zu unserem Immunsystem und „filtern“ – vereinfacht gesagt – Schadstoffe aus dem Körper. Die Funktion der Lymphknoten wird durch die Verfärbung durch Tattoo-Tinte NICHT beeinflusst!(…)“ (Quelle: Instagram, Rechtsmediziner Prof. Dr. Tsokos)
Worauf muss ich beim Tätowieren achten?
Im Interview Pigment und Tätowierfarben-Spezialist Dipl.-Ing.(FH) Michl Dirks und Kriminalbiologe und Forensiker Dr. rer. medic. Mark Benecke.
(Quelle: Youtube, Gesunde Männer)