Jeder darf sein Erscheinungsbild nach Lust und Laune gestalten! Tätowiert im Job – kommt drauf an. Keiner sollte darauf spekulieren, sich damit in der Chefetage eines durchschnittlichen deutschen Unternehmens Freunde zu machen.
Man muss nicht bis ins Jahr 1971 zurückgehen, in dem der sog. Haarnetzerlass in der Bundeswehr erging. Noch 2006 bemühte sich Wolfgang Schäuble, damals Bundesinnenminister, (vergeblich) um die Wiedereinführung einer 1980 (!) abgeschafften Regelung der Haar- und Barttracht bei der Bundespolizei. Und hier ist nur die Rede von Frisuren…!
Es dürfte vermutlich noch eine Generation dauern, bis ein Gericht die Diskriminierung am Arbeitsplatz aufgrund einer sichtbaren Tätowierung für verfassungswidrig erklärt weil damit Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Was in einer Gesellschaft als Recht des Individuums nicht bloß zugesprochen, sondern auch im Alltag anerkannt wird, entscheidet sich wie immer im Handgemenge.
Wer solange nicht warten kann, sollte sich die Entscheidung für eine Tätowierung gründlich überlegen. Oder aber eine Entfernung sichtbarer Tätowierungen in Betracht ziehen. Einige Faustregeln können helfen, negativen Reaktionen von vornherein aus dem Weg zu gehen:
Bringt die Arbeit Kundenkontakt mit sich?
Hier sind sichtbare Hautbildchen in den meisten Fällen ein No-Go! Von den Angestellten wird in der Regel verlangt, dass diese sich branchenüblich kleiden. Das kann eine allgemeine Anweisung sein oder aber Ausdruck in einem einheitlichen Erscheinungsbild der Mitarbeiter wiederfinden. An dieser Stelle darf der Arbeitgeber durchaus verlangen, sich gewissermaßen bedeckt zu halten.
Ist der Arbeitsplatz in einer konservativen Branche angesiedelt?
Handel, Versicherung, das Bankgewerbe, aber auch die Gastronomie sind kritische Arbeitsfelder, wenn es um Auffälligkeiten des Erscheinungsbildes geht. Das hat wiederum mit Kundenkontakt aber vor allem mit dem Nimbus von Seriosität zu tun.
Im öffentlichen Dienst geht was…
Besonders im Rahmen von Klagen öffentlich Bediensteter haben sich einige differenzierte Entscheidungen angesammelt. So entschied das Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. im Jahr 2002, dass ein Anwärter für den gehobenen Polizeidienst nicht aufgrund der Größe eines Tattoos von der Ausbildung ausgeschlossen werden darf:
»Auch großflächige Tätowierung kann für sich genommen die persönliche Eignung zur Ausbildung für den gehobenen Polizeivollzugsdienst nicht entfallen lassen.«
Allerdings kommt es sehr wohl darauf an, was die Tätowierung zeigt. Der Ex-Seemann mit Schlangen-Dolch-Motiv, Herz und bunter Deutschlandflagge auf der Haut musste der Anweisung, diese zu verbergen, Folge leisten. Wie das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz 2005 bestätigte:
»Allerdings hält der Senat auch nach nochmaliger Erörterung dieser Frage an der Auffassung fest, dass man hierbei nach Art, Größe und näherer Ausgestaltung der Tätowierungen unterscheiden muss.
Ferner ist zu bedenken, dass im Berufsleben das Zeigen von Tätowierungen nicht in gleichem Umfang akzeptiert ist, wie etwa bei Freizeitaktivitäten. Der Senat ist nach seinem persönlichen Eindruck in der mündlichen Verhandlung überzeugt, dass Tätowierungen wie diejenigen des Klägers nicht allgemein akzeptiert sind und deren Offenbaren bei einem uniformierten Justizvollzugsbeamten auf Befremden stößt.«
Es dürfte ein Weilchen dauern, bis Tattoos als Kennzeichen konservativer Lebensführung gelten. Oder zumindest als dazu nicht im Widerspruch stehend betrachtet werden… Solange gilt, dass Verdecken (wo möglich) oder aber Lasern lassen einfacher ist, als immer wieder ein Pflaster darauf zu kleben. Und das Skalpell ist auch keine Lösung:
»Arbeitsunfähigkeit i. S. des § 1 Abs 1 LFZG scheidet aus, wenn ein Arbeitnehmer aus ästhetischen Gründen Tätowierungen durch einen chirurgischen Eingriff beseitigen lässt.«
Es kann freilich auch ganz anders kommen. Der New Yorker Immobilienmakler Rapid Realty hat jedem Mitarbeiter, der sich das Firmenlogo tätowieren lässt, eine Gehaltserhöhung von 15 % versprochen.