Eine neue medizinische Fallstudie von Narine Grove und Kollegen vom Juli 2015 (»Extensive Tattoos Mimicking Lymphatic Metastasis on Positron Emission Tomography Scan in a Patient With Cervical Cancer«, in: OBSTETRICS & GYNECOLOGY Vol. 126, Nr. 1, 182-186) deutet darauf hin, dass Tattoos indirekt verfälschenden Einfluss bei bildgebenden Verfahren haben können.
Bei einer Untersuchung zur Abklärung von Gebärmutterhalskrebs können die Pigmente der Tinte zu falschen Positivbefunden führen. Dabei kommt ein Effekt zum Tragen, der beim Tätowieren unvermeidbar ist.
Obwohl die Tattoo-Mittel in die mittlere Hautschicht (Dermis) eingebracht werden und sich dort verkapseln sollen, transportiert der Körper Teile von Pigmenten weiter in das Lymphsystem. Die auf solche Weise »aufgeladenen« Lymphknoten können bei einer Untersuchung wie von Krebszellen befallen erscheinen.
Die Positronen-Emissions-Tomografie (PET), die mit der Computer-Tomografie (CT) kombiniert wird, ist als Teil der medizinischen Abklärungsstrategie auf dem Vormarsch. Weil hier bildgebende Verfahren den Behandlungsplan detailliert unterstützen.
Dieser Teil der Untersuchungen findet vor größeren Operationen statt und dient der konkreten Planung eines Eingriffs.
Im Falle einer 32 -jährigen US-Amerikanerin mit einem positiven Gebärmutterhalskrebsbefund wurde aufgrund der Diagnose auf Basis von PET eine Totaloperation empfohlen und durchgeführt.
Dabei kam es u. a. zur Entfernung der Gebärmutter und zahlreicher Lymphknoten. Während der übergeordnete Befund positiv blieb, also eine Krebserkrankung vorlag, zeigt die nachfolgende Laboruntersuchung der Lymphknoten allerdings, dass zumindest diese ihren vergrößerten Zustand keineswegs etwaigen Krebszellen bzw. Metastasen verdankten.
Vielmehr hatte Tätowiertinte die Lymphknoten anschwellen lassen. Der positive Befund im bildgebenden Verfahren beruhte also gewissermaßen auf einer optischen Täuschung. Diese lies sich auf den ersten Blick nicht von einem Befall mit Krebszellen unterscheiden.
Die junge Frau trägt mehr als 14 mehrfarbige Tätowierungen auf den Ober- und Unterschenkeln. Und hat diese in einem Zeitraum von 11 Jahren angesammelt. Ihre letzte Tattoo-Session lag zum Zeitpunkt der Operation zwei Jahre zurück!
Tattoos und Krebsvorsorge mit- und auch gegeneinander abwägen…!
Frauen sollten sich also überlegen, ob sie ihre Beine tätowieren lassen. Die Möglichkeit einer Fehldiagnose mit weit reichenden Konsequenzen scheint keineswegs ausgeschlossen. Sie sind allerdings kaum der Diagnosemethode geschuldet, die bessere Ergebnisse liefert als die hergebrachten Werkzeuge.
Sollten zum Beispiel bereits familiäre Dispositionen für Gebärmutterhalskrebs vorliegen, spricht das möglicherweise gegen solche Tätowierungen.
Ob eine nachträgliche Entfernung von Hautbildchen mit Lasertechnik in Hinsicht auf die Lymphknoten langfristig zudem eine positive Wirkung entfaltet, wäre zu untersuchen.
Dass sich Tattoo-Pigmente langfristiger im Lymphsystem ansiedeln können, gilt als erwiesen. Möglicherweise führt dies auch bei anderen Abklärungsuntersuchungen zu falschen Diagnosen, etwa bei Brustkrebs, Hodenkrebs und Hautkrebs-Melanomen.
Die Frage, die wir uns dabei stellen, lautet: Kann man das Lymphsystem soweit reinigen, dass es von Tattoo-Pigmenten befreit wird?
Fazit: Eine wachsende Zahl von Menschen wird im Laufe ihres Lebens einmal auf eine einschlägige Krebs-Untersuchung mit bildgebenden Verfahren angewiesen sein. Es gilt abzuwägen, ob die Entscheidung für den Körperschmuck in Tinte heute die möglichen Beeinträchtigungen in späteren Tagen aufwiegt.
Im Falle des Falles sollten Tattoo-Träger mit ihrem Onkologen oder auch Dermatologen über das Thema sprechen. Und auf ihre Tätowierungen im Vorfeld aufmerksam machen.
Den Ärzten sollte zudem bewusst sein, dass Tätowierungen mögliche Auswirkungen auf u.a PET-CT-Befundungen haben können. Und dieses in Ihren Behandlungsprogrammen berücksichtigen.