Wer das Editorial von Dirk-Boris Rödel, ehemaliger Chefredakteur des TätowierMagazins in der letzten Ausgabe vom August 2014 noch nicht gelesen hat, der hat hier nun noch mal die Möglichkeit dazu.
Nach unserer Rücksprache mit Dirk-Boris, haben wir die Erlaubnis dazu erhalten, es im Blog von DocTattooentfernung zu veröffentlichen. Warum? Na, wir finden es gut und gelungen!
Und es soll dazu anregen, über ein Tattoo und seinen Träger mal genauer nachzudenken. Auch gerne bevor man es sich stechen lässt, damit es mit Stolz und Würde getragen wird!
Mit Rumgeheule und hohlen Stammtischsprüchen für mehr Tattoo-Akzeptanz?
von Dirk-Boris Rödel, damaliger Chefredakteur des TätowierMagazins (Ausgabe 08/14)
Mit Tattoos fällt man auf – und viele lassen sich Tattoos ja auch aus eben diesem Grund stechen. Aber selbst wenn man ein Tattoo nur für sich haben will: Sobald es für andere sichtbar ist, fällt es auf, und wenn es auffällt, dann kann es Reaktionen geben.
Diese können positiv oder auch negativ sein. Das ist bis jetzt nichts Neues und völlig logisch. Für manche ist diese völlig logische und vorhersehbare Konsequenz aber offenbar vollkommen überraschend!
Diese Menschen gründen dann in sozialen Netzwerken Gruppen mit Namen wie »Ich bin tätowiert, aber deshalb kein schlechter Mensch!«, wo sie sich darüber ausheulen, dass sich der Chef, der Sitznachbar im ICE oder die Tante mal abfällig über Tattoos geäußert haben.
Oder wo sie sich drüber wundern, dass sie mit einem ACAB-Tattoo am Hals Probleme bei der Jobsuche bekommen. Mit unsagbar blöden Posts wie »Die wahren Verbrecher sind nicht tätowiert, sondern tragen Krawatten!« zerren sie bereits völlig verstaubte Klischees wieder aus dem Keller, um sich dann entrüstet vom Vorwurf der Kriminalität zu distanzieren, den kein Mensch erhoben hat.
Gegen Vorwürfe zur Wehr setzen
Tausende von »Likes« sind garantiert auf solch geistigem Durchfall, der immer nach demselben Schema funktioniert: Erst beschwört man irgendwelche Diskriminierungsszenarien herauf, um sich daraufhin beleidigt gegen Vorwürfe zur Wehr zu setzen, die man selbst erst wieder ins Gespräch gebracht hat.
Und dann kann man sich selbst bemitleiden, weil die Gesellschaft, ach, so intolerant ist … Selbststigmatisierung macht halt einfach solchen Spaß! Ein bisschen erinnert das an die Rocker- Szene, wo man ja auch gern mit dem Böse- Buben- Image kokettiert, um dann rumzuheulen, dass die Gesellschaft Rocker für böse Buben hält …
Dass die Initiatoren solcher Gruppen mit ihrem peinlichen Rumgejammer der von ihnen geforderten »Tattoo-Akzeptanz« einen echten Bärendienst erweisen, kapieren sie ja nicht: Tätowierte kommen auf diesen Communities als realitätsfremde, schizophrene Weicheier rüber, die nicht damit klarkommen, dass sie mit ihrem Körperschmuck auch mal anecken, und um Toleranz betteln, während sie aber doch »ganz anders als die anderen« sein wollen und auf die Gesellschaft pfeifen.
Ja, was denn nun?
Wer als Tätowierter akzeptiert werden will, kommt mit ordentlichem Benehmen, Höflichkeit und guten Manieren sicher weiter als mit einem »Like« auf einer dieser peinlichen Wir-tun-uns-gegenseitig-leid-Seiten.
Und blöde Reaktionen wird es immer mal geben, denn tätowiert zu sein ist eben immer noch anders als nicht tätowiert zu sein.
Das ist ja der Sinn von Tattoos. Den Initiatoren dieser Gruppen möchte ich daher sagen: Heult nicht rum, wenn ihr mal schief angeschaut werdet, oder lasst euch eben einfach nicht tätowieren, wenn ihr damit nicht klarkommt.
Und stellt nicht alle Tätowierten als weinerliche Jammerlappen und Hohlbratzen dar, die um Akzeptanz winseln und mit dämlichen und plumpen Wirtshaussprüchen über »die Gesellschaft« und »die da oben« herziehen!
Dirk-Boris
Touché!